A bit of a Stranger

Momentaufnahmen aus den vergangenen beiden Jahren und Erinnerungsschnipsel aus älterem VHS-Material reiht die ukrainische Regisseurin Svitlana Lishchynska in ihrer dokumentarischen Collage „A bit of a stranger“ aneinander.

Der Film setzt Mitte Februar 2022 ein, ihre Enkelin in Kyiw feiert zweiten Geburtstag, dafür ist auch die Urgroßmutter aus Mariupol angereist. Die Nachrichten über einen Truppenaufmarsch an der russischen Grenze überschatten die Familienfeier. Ihr Schwiegersohn hat schon Notfallpläne entwickelt, ihre Tochter, die als Friseuse arbeitet, will davon nichts wissen. Sie ist mit Russisch als Muttersprache aufgewachsen und vermisst auch später im Londoner Exil die russischen Lieder ihrer Kindheit, die von Amazon aus dem Sortiment genommen wurden.

Mittlerweile ist fast die ganze Familie aus der Ukraine geflohen, nur die Regisseurin lebt noch in Kyiw. In den letzten Minuten ihres Films sinnt sie darüber nach, was es für sie bedeutet, dass sich wieder die ganze Nation hinter der Flagge gegen einen äußeren Feind versammelt. In ihrer Kindheit war es unter ganz anderen Vorzeichen die Sowjetunion, die zum Fahnen-Appell rief, nun schallen Selenskijs Ansprachen aus dem Radio, die den Durchhalte- und Verteidigungswillen anspornen sollen.

Solche Reflexionsschleifen sind selten in dem von arte, ZDF und dem schwedischen Sender SVT koproduzieren Film „A bit of a stranger“, der in der Sektion Panorama Dokumente der Berlinale Premiere hatte. Er ist vor allem eine Collage aus sehr persönlichen Momentaufnahmen und gibt Einblicke in den Alltag einer Familie während des Krieges: nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Bild: Svitlana Lishchynska

 

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