Anne-Marie die Schönheit

Mehr als zwanzig Jahre spielte er in den Ensembles von Uli Khuon, erst am Thalia Theater (2000 – 2009), dann am Deutschen Theater Berlin (2009-2023): der Österreicher Helmut Mooshammer. Eine der letzten Inszenierungen der Ära Khuon wurde vor einem Jahr zum Abschiedsgeschenk für diesen Schauspieler.

Das Publikum ist eingeladen, über den Bühneneingang, der der Öffenlichkeit sonst verschlossen bleibt, über steile, enge Treppen in den Raum 315 zu steigen. Dort wartet eine ältere Dame im graukarierten Rock: Anne-Marie Mille alias Helmut Mooshammer. Eine Stunde lang plaudert sie sich durch ihr Leben: eine Schauspielerin, die nie die ganz großen Rollen bekam, immer im Schatten der Stars wie Brigitte Bardot oder ihrer Freundin Gigi stand. Ihr Mann hat sie verlassen, alt und einsam blickt sie auf ihr Leben zurück.

Yasmina Reza, eine der meistgespielten Autorinnen der 1990er bis 2010er Jahre, hat diesen Monolog für einen Mann geschrieben, der momentan auf mehreren Bühnen läuft: in Freiburg spielte Robert Hunger-Bühler die Anne-Marie, am Münchner Residenztheater ist Robert Dölle in dieser Rolle zu sehen. Wohl nirgends wird „Anne-Marie die Schönheit“ so minimalistisch und intim gespielt wie in dieser Inszenierung von Friederike Drews am DT. Mooshammer braucht nur den Kaffeebecher, an dem er sich festhält, und die Garderobenschränke, aus denen diverse Utensilien eines langen Lebens purzeln, und sucht den Blickkontakt zu den Zuschauern, die direkt vor ihm sitzen. Auch durch einen alkoholisierten Mann, der nach der Hälfte des kurzen Abends alle Geduldsfäden so strapazierte, dass er vom Abenddienst hinauskomplimentiert wurde, ließ er sich nicht aus dem Konzept bringen.

„Anne-Marie die Schönheit“ hatte am 1. April 2023 Premiere und wurde von Khuons Nachfolgerin Iris Laufenberg übernommen. Mooshammer ist als Gast außerdem noch in drei Inszenierungen von Bastian Kraft zu sehen: in „Biografie. Ein Spiel“, „ugly duckling“ und „As you fucking like it„, in den beiden letzten Rollen ebenfalls mit Drag-Auftritten.

Bild: Arno Declair

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