Penthesilea: Ein Requiem

Sie ist die Königin und das Zentrum des Abends: Almut Zilcher! Als Penthesilea blickt sie auf ihren Liebesrausch und ihren tödlichen Machtkampf zurück. Für ihre Auftritte lohnt sich dieser zweistündige Kammerspiel-Abend. In der langen ersten Szene kauert sie mit gewaltigem Rock allein auf der Bühne und schildert in hohem, getragenem Ton ihr Schicksal.

Auch während des restlichen Abends bleibt Zilcher präsent und ergreift immer wieder das Wort. Doch der Rest fällt deutlich ab. Die aus Georgien stammende, in Deutschland lebende Autorin Nino Haratischwili, die mit mehreren dicken, von Jette Steckel am Thalia Theater adaptierten Romanen bekannt wurde, möchte das Liebesduell von Achill (Manuel Harder aus dem DT-Ensemble) und Eka Nizharadze (aus Tbilissi) als Duell in Fremdsprachen erzählen. Er schreit sie auf Deutsch an, sie giftet auf Georgisch zurück, während links und rechts Nestan Bagration-Davitashvili und Andreas Reihse für dräuende Live-Musik-Untermalung sorgen, Marco Scherles Lichtdesign stets sehr düster bleibt und das Publikum beschäftigt ist, die Übertitel mitzulesen. Dieses enge Konzeptkunst-Korsett hat einen entscheidenden Makel: bis auf Almut Zilcher, die als altersweise Penthesilea zurückblicken und mit einigen ironischen Anmerkungen Distanz zum Geschehen durchschimmern lassen darf, sind die anderen Figuren vor allem Thesenträger.

Die Liebesszenen von Achill und Penthesila sind arg kitschig geraten, in den Kampfszenen, die Regisseurin/Autorin Haratischwili mit Wara Cajías Ponce choreographierte, baumeln die beiden an Seilen und triefen vor Kunstblut. Zum Glück gibt es noch Almut Zilcher, die über diese schwächeren Passagen hinweghilft. 

„Penthesilea. Ein Requiem“ ist der Mittelteil einer Trilogie aus Neuschreibungen antiker Mythen: Vor einem Jahr kam bei den Ruhrfestspielen/am Berliner Ensemble „Phädra, in Flammen“ heraus. Dort ließ Haratischwili die Titelfigur eine lesbische Liebe erleben und zielte auf die Homophobie in Osteuropa. Diesmal bleibt sie näher am archaischen Mythos, der Krieg in der Ukraine ist als Hintergrundrauschen zwar präsent, vor allem in einer Wutrede von Thersites (Jens Koch), wird aber nie explizit angesprochen.

„Penthesilea: Ein Requiem“ hatte am 23. Februar 2024 in der DT Kammer Premiere.

Bilder: Jasmin Schuller

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