Le nozze di Figaro

Sehr plakativ spaltet Kirill Serebrennikow die Bühne des Schillertheaters, wo die Komische Oper Berlin ihr Ausweichquartier bezogen hat, in zwei Hälften: unten schuftet des Prekariat in einer engen, ranzigen Waschküche. Oben pflegt der Adel seinen hedonistischen Lebensstil in einem Loft, das mit teuren Exponate zeitgenössischer Kunst protzt.

In dieses Setting verlegt Serebrennikow die Mozart/Da Ponte-Oper „Le nozze di Figaro“, die er als Mittelteil einer Trilogie im Berliner Exil inszeniert. Deutlich ist seiner Inszenierung anzumerken, dass er nicht recht wusste, wie er die Nuss knacken soll: die Vorlage von Pierre-Augustin Caron de Beaumarchais bot viel Zündstoff, da sie fünf Jahre vor der Französischen Revolution, die Privilegien des Adels angriff. Mehr als 200 Jahre später haben die Konflikte des Librettos nur noch historischen Wert und ist Mozarts Opera buffa auf den Spielplänen so oft rauf und runter gespielt, dass es schwer ist, noch einen interessanten, neuen Zugang zu finden, der das Werk an die Gegenwart anschließt.

All das thematisiert Serebrennikow im Programmheft. Mit zwei Regie-Entscheidungen griff er in das Werk ein. Cherubino, für ihn das „sexuelle Zentrum“ der Oper, spaltet er auf zwei Personen auf: eine Sopranistin (Susan Zarrabi) und einen Schauspieler/Tänzer (Georgy Kudrenko, bekannt aus vielen Theaterarbeiten Serebrennikows am geschlossenen Gogol Center, am Thalia Theater und am Deutschen Theater Berlin). Kudrenko begleitet die Cherubina pantomimisch, gibt der Mozart-Oper über heterosexuelle Liebeswirren und Intrigen eine queere Note, wenn er im Kleid und auf High Heels von Versteck zu Versteck huscht. Eine weitere Serebrennikow-Stammkraft ist Nikita Kukushkin, der als stummer Scherge des Grafen das Geschehen begleitet.

In den 3,5 Stunden ringt Serebrennikow um die richtige Form, den Klassiker zu erzählen. Dementsprechend gespalten war die Kritik gespalten, einige warfen ihm nach der Premiere vor, den Stoff, mit dem er so wenig anfangen konnte, nur zu veralbern.

„Le nozze di Figaro“ hatte am 27. April 2024 in der Komischen Oper im Schillertheater Premiere.

Bilder: Monika Rittershaus

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