7. Berliner Herbstsalon The Red House

Über den Vorplatz dröhnt die Stimme von Björn Höcke, einem der Lieblingsgegner des umstrittenen Zentrums für politiche Schönheit aus den Video-Boxen, die den Weg zum Portal des Gorki Theaters säumen. Programmatisch sind die ersten drei Ausstellungsstücke, mit denen der 7. Herbstsalon sein Publikum konfrontiert: die neoklassizisische Fassade, die sich ins Ensemble Unter den Linden einfügt, ist von einem Läufer verhängt, den Nevin Aladağ gestaltet hat. Der Teppich spielt mit „orientalischen“ Stereotypen: die erste einer ganzen Reihe von Interventionen, die Denkprozesse in Gang setzen wollen.

In der Kassenhalle wartet das Takdir Tutorial: über Kopfhörer spricht Ülkü Süngün die Namen der NSU-Terror-Opfer in korrekter Aussprache vor. Diese performative Aktion entstand schon 2018 während des NSU-Gerichtsprozesses. Das Garderobenfoyer dominiert ein Poster von Gülsün Karamustafa in knalligem Rot: „1977 First of May“ zeigt eine kämpferische türkische Arbeiterin. 

Diese zentralen Exponate weisen die Richtung: selbstbewusst verabschiedet sich Shermin Langhoff zum Auftakt der letzten Spielzeit ihrer Intendanz, die gegen ihren ausdrücklichen Willen im Sommer 2026 endet. Noch einmal dekliniert der 7. Herbstsalon ihre zentralen Anliegen durch: die Anerkennung der Lebensleistung der sogenannten Gastarbeiter*innen-Generation, die als billige Arbeitskräfte auf Zeit angesehen wurden. Ihre Geschichten zu erzählen und sie vom Rand in die Mitte der Gesellschaft zu holen, ist das Ziel des postmigrantischen Theaters und dieser Ausstellung.

Im oberen Foyer vor dem Eingang zum Theatersaal erklären die Ensemble-Mitglieder in kurzen Video-Statements, was sie ans Gorki führte und worin sie ihren Auftrag sehen. Der Großteil der Exponate ist nebenan im Palais am Festungsgraben untergebracht. Den Marmorsaal beschallt ein eindrucksvolles Video von Marta Górnickas „Grundgesetz – Ein chorischer Stresstest“-Performance vom 3. Oktober 2018, als Gorki & Friends vor dem Brandenburger Tor die Einheitsfeier mit einem wütenden Sprech-Chor aufmischten, der zentrale Postulate unserer Verfassung in die Köpfe des Publikums hämmerte

Ältere und ganz aktuelle Videos und Gemälden gruppieren sich um Emine Sevgi Özdamars Zeichnungen, die sie während ihrer Stationen am Schauspielhaus Bochum und Berliner Ensemble anfertigte.

Damit soll dieser kurze Überblick über einige zentrale Werke des Herbstsalons schließen, die seit dem 2. Oktober 2025 im und um das Gorki Theater herum zu sehen sind. Wer sich ein eigene Bild machen und auch die anderen Ausstellungsstücke im Detail betrachten möchte, hat noch bis 30. November 2025 Gelegenheit, die Ausstellung ist immer von Mittwoch – Sonntag bei freiem Eintritt geöffnet.

Bild: Egbert Trogemann © Maxim Gorki Theater

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