Trust

Wiederaufnahme an der Schaubühne: Falk Richter untersucht Krisensymptome

Im Oktober 2009 brachte Falk Richter gemeinsam mit der niederländischen Choreografin Anouk van Dijk sein Projekt „Trust“ auf die Bühne: der Lehman-Crash lag damals gerade 13 Monate zurück und die FDP hatte wenige Wochen zuvor einen triumphalen Wahlsieg eingefahren.

Das Unbehagen über die unregulierten Finanzströme des Kasinokapitalismus ist diesem Abend sehr deutlich eingeschrieben. In der für Falk Richter typischen Synthese aus Tanz und Theater lässt er die Körper seines Ensembles zittern und zucken: hektisch im Hamsterrad weiterjagend, zwischen Paris und Shanghai hin- und herjettend.

Trust

Noch eine zweite große Sorge treibt Falk Richters Bühnenfiguren herum. Ihre privaten Beziehungen sind genauso brüchig, auch hier streben sie vergeblich nach Glück. Die tiefpessimistische Grundaussage des Abends wird jeweils nur kurz durch kabarettistische Nummern über gescheiterte Beziehungsgespräche aufgelockert.

Trust

Fast sieben Jahre nach der Premiere wurde „Trust“ an der Schaubühne wieder aufgenommen. Die Anspielungen auf den FDP-Wahlsieg, die in einigen Premierenkritiken aus dem Archiv nachzulesen sind, tauchen nicht mehr auf. Aber ansonsten hat die Inszenierung nichts von ihrer drängenden Aktualität eingebüßt.

Rückblickend wirkt diese Inszenierung wie eine wichtige Entwicklungsetappe von Falk Richter. Die Krisensymptome unserer Gesellschaft verhandelte er schon damals  in elegant choreographierten Szenen, die weiten Raum für Assoziationen lassen. Diesem Abend fehlt aber noch die künstlerische Reife von „Never forever“, das er 2013 mit Nir de Volff an der Schaubühne entwickelte (ausführliche Kritik zu „Never Forever“ hier). Dort verhandelte Falk Richter die Krise des modernen Großstädters auf höherem Niveau: mit stärkeren Dialogen (vor allem von Ilse Ritter, Regine Zimmermann und Tilman Strauß) und noch variantenreicherer Körpersprache der Tanz-Compagnie um Florian Bilbao. Auch der Witz ist in seinem aktuelleren Werk „Never forever“ subtiler.

Es lohnt sich deshalb, beide Inszenierungen zu sehen und zu studieren, wie sich ein Künstler weiterentwickelt und mit den Themen ringt, die ihn umtreiben.

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Bilder: Heiko Schäfer

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