Das Musical „La La Land“ ist der perfekte Film, um knapp zwei Stunden vor der düsteren Weltlage zu fliehen. Wer zwischen Trumps Eskapaden und Terrormeldungen Balsam für die strapazierte Seele sucht, ist beim neuen Film von Damien Chazelle richtig.
Dass der Film so perfekt in die Zeit passt, war wohl auch der Grund dafür, dass er in der Nacht zum Montag mit einem neuen Rekord von gleich 7 Golden Globes überhäuft wurde. Der Andrang bei der Berliner Vorpremiere im Kino International war am Tag danach so groß, dass man den DDR-Premieren-Saal locker anderthalb mal hätte füllen können.
In jeder Einstellung ist zu spüren, dass sich Damien Chazelle mit einer nostalgischen Hommage vor den klassischen Hollywood-Musicals längst vergangener Jahrzehnte verbeugen möchte. Die beiden Hauptdarsteller Ryan Gosling und Emma Stone dürfen tanzen, singen und sich tief in die Augen schauen. Beide träumen von der großen Karriere: er als Jazzpianist, sie als Schauspielerin. Beide müssen sich mit Brotjobs, die weit unter ihren Fähigkeiten liegen, über Wasser halten, während sie weiter träumen.
Die Handlung von „La La Land“ ist eine recht seichte Romanze, die sich dementsprechend zäh dahinschleppt. Der Klassiker „Boy meets Girl“ wird mal wieder variiert. An das Vorgängerwerk „Whiplash“ reicht „La La Land“ nicht heran, in einer kurzen Nebenrolle darf J.K. Simmons an seinen damaligen Auftritt als sadistischer Schlagzeug-Lehrer erinnern. Ansonsten bleibt von dem Film außer der süßlich-sentimentalen Dauerschleife vor allem die gut choreographierte Eröffnungssequenz aus dem morgendlichen Berufsverkehr-Stau von L.A. in Erinnerung, auch wenn die Begeisterung der FAZ etwas übertrieben ist, die von einer „grandiosen, überbordenden Musicalnummer“ schwärmte.
Einige Rezensenten fanden den Film „herzzerreißend“ (wie Susanne Ostwald in der NZZ), ich stimme Daniel Kothenschultes Kritik in der Frankfurter Rundschau zu, der die „Vinylplatten-Retro-Sentimentalität“ und seine Rückwärtsgewandtheit bemängelte.
„La La Land“ lohnt sich vor allem für jene, die einen Kinoabend lang tief in eine sentimentale Romanze eintauchen möchten, oder für jene Filmhistoriker, die Spaß daran haben, zu entschüsseln, in welche Szenen Chazelle seinen Vorbildern wie Jacques Demy und Vincente Minelli die Reverenz erweist.
„La La Land“ startete am 12. Januar 2017 in den deutschen Kinos. Webseite und Trailer
Update vom 27. Januar 2017: „La La Land“ gewann sechs Oscars, darunter für die beste Regie, für die beste Hauptdarstellerin, für die beste Filmmusik und den besten Song. In der Königsklasse (Bester Film) musste er sich „Moonlight“ geschlagen geben.
Bilder: Studiocanal Filmverleih
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Eddy
Ich denke, das Fazit fasst es perfekt zusammen. La La Land ist eine überaus angenehme Ablenkung, die es so nur noch selten gibt in Zeiten, wo Drama und Antihelden Serien und Filme dominieren.