Aufbruch zum Mond

Bemerkenswert an dem Hollywood-Epos „First Man“, das die Filmfestspiele von Venedig im September eröffnete und für den deutschen Kinostart den heroischen Titel „Aufbruch zum Mond“ bekam, ist, wie Damien Chazelle die Geschichte der Mondlandung von Neil Armstrong gerade nicht erzählt. Er verzichtet auf den Hurra-Patriosmus und das siegesgewisse Pathos, mit dem Hollywood so oft von den Heldentaten großer, fast immer weißer Männer bejubelte.

Bei Chazelle ist Neil Armstrong ein verschlossener Mann, ein rational denkender Ingenieur, der sich Schritt für Schritt vorantastet, in unendlichen Versuchsreihen die Risiken minimieren will. Ryan Gosling spielt den berühmten Astronauten als einen Mann hinter einer Teflonschicht. Seine Frau Janet (verkörpert von Claire Foy) kommt nur schwer an ihn ran und nötigt ihn, sich nicht einfach mit der Aktentasche und seinem säuberlich gepackten Koffer aus dem Haus zur Raumfahrtstation zu schleichen, sondern von seinen Kindern Abschied zu nehmen und sich ihren Fragen und Ängsten zu stellen.

Chazelle betont die Kette von Fehlschlägen, die mehrere von Armstrongs Kollegen das Leben kostete. Er stellt die Angst aller Beteiligten in den Mittelpunkt, dass die Mission scheitern und auch Armstrong mit seiner Crew sterben könnte. In einer zentralen Szene des Films wird der Nachruf auf die Astronauten verlesen, der bereits geschrieben und in den Schubladen des Weißen Hauses griffbereit war.

Leider bleibt „Aufbruch zum Mond“ aber trotz dieser ungewöhnlichen Perspektive auf ein zweifelndes, gar nicht so selbstbewusstes Amerika doch zu sehr in den ausgetretenen Hollywood-Pfaden stecken: Wie schon sein „La La Land“ enttäuscht auch „Aufbruch zum Mond“ wegen seiner Rührseligkeit. In einem der kitschigsten Bilder des Kinojahres zeigen Vater Armstrong und Tochter Karen, die an einem Hirntumor starb, zum Mond. Im Gegenschnitt sehen wir die erfolgreiche Mondlandung vom Juli 1969 und hören das berühmte Zitat vom „kleinen Schritt für einen Menschen“, aber einem „großen Schritt für die Menschheit“.

Nach seinem vielversprechenden Debüt „Whiplash“ machte der schon als Regie-Wunderkind gehandelte Damien Chazelle einige Schritte zurück und tappte nun schon zum zweiten Mal in die Falle, dass es sich sein Film in Rührseligkeit zu bequem machte. Bei der Oscar-Verleihung 2019 reichte es diesmal nur für die Trophäe für die besten visuellen Effekte.

Bilder: ©Universal Pictures

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