In seiner ersten US-Produktion erzählt der belgische Regisseur Felix van Groeningen von der Spirale der Drogensucht. Nic möchte die triste Realität vergessen und greift nach dem ersten Kick zu immer härteren Suchtstoffen in schärfer Dosierung. Vater David leidet darunter, dass er an seinen Sohn kaum noch herankommt. Er surft durch Foren im Netz, spricht mit Expert*innen und muss doch hilflos zusehen, wie Nic nach jeder kurzen Phase der Hoffnung noch tiefer in der Sucht versinkt.
Der Film basiert auf zwei autobiographischen Büchern von Vater und Sohn: „Beautiful Boy: A Father’s Journey Through His Son’s Addiction“ von David Shelff und „Tweak: Growing Up on Methamphetamines“. Die beiden Hauptrollen sind überzeugend besetzt: Timothée Chalamet ist im US-Kino gerade auf die Rolle des sensiblen, sich rätselhaft gebenden, leicht zerbrechlich wirkenden jungen Mannes abonniert. Die Figur des Nic, der mit sich und der Welt hadert, zwischen verträumter Offenheit und rotziger Abschottung, ist ihm deshalb auf den Leib geschrieben. Es ist allerdings zweifelhaft, ob ein junger Student nach jahrelangen Drogenexzessen inklusive Crystal Meth-Konsum immer noch so gut aussieht wie der perfekt gestylte Hollywood-Schönling, der mit „Call me by your Name“ zum Star wurde.
Die zweite Hauptrolle ist gegen den Strich der Erwartungen besetzt: den Vater, der mit großer Ernsthaftigkeit um seinen Sohn ringt, wird vom Comedian Steve Carell verkörpert. Er machte sich als Korrespondent der satirischen „Daily Show“ einen Namen und war vor allem in den 2000er Jahren ein gefragter Hauptdarsteller (zum Teil brachialkomischer) Fließband- und Unterhaltungsware. Im ernsten Fach kommt Carell erstaunlich gut und ohne Anlaufschwierigkeiten.
Bis auf die zu dick aufgetragenen Streicherklänge und Choräle zum Finale erzählt van Groeningen, der mit seinem Leukämie-Melodram „Broken Circke Breakdown“ (Panorama-Publikumspreis der Berlinale 2013) seine Studie einer von der Sucht zerrütteten Familie einfühlsam und erfreulich unsentimental. Dem aktuellen Elend stellt er die nostalgischen Erinnerungen an eine liebevolle Vater-Sohn-Beziehung in Nics Kindheit gegenüber.
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