Leid und Herrlichkeit

Von der überschießenden Energie und der anarchischen Sinnlichkeit, die Pedro Almodóvars Filme so oft auszeichneten, ist sein jüngster Film weit entfernt. „Leid und Herrlichkeit“ ist ein Alterswerk und schlägt einen ganz anderen Ton an: elegisch, melancholisch, mit einem Schuss Selbstironie.

Almodóvar zieht mit diesem Film Bilanz. In sehr gemächlichem Erzähltempo streift Almodóvar viele Leitmotive seines Werks: Von den starken Frauen über die dörfliche Enge in Francos Spanien bis zum sexuellen Erwachen werden die Kinobesucher vieles aus den früheren Filmen wiedererkennen. Einige Kritiker*innen wie Christiane Peitz im Tagesspiegel schwärmten von einem „opus summum“.

In Zentrum des Films stellte Almodóvar ein Alter ego mit deutlichen autobiographischen Zügen: den fiktiven Regisseur Salvador Mallo. Er wird von Antonio Banderas verkörpert,  dessen Stern als Hauptdarsteller in Almodóvars frühen Filmen in den 80er Jahren aufging, bevor sich die Wege für einige Jahrzehnte trennten: Banderas nutzte das Sprungbrett und wurde zum Hollywood-Star, Almodóvar entwickelte sich zu einem der wichtigsten Regisseure des europäischen Autoren-Kinos.

Dieser alternde, von gesundheitlichen Gebrechen geplagte Regisseur Mallo (Banderas) taucht in seine Vergangenheit an: Auslöser ist die Restaurierung des Films „Sabor“, mit dem er und sein Hauptdarsteller Alberto Crespo ihren Durchbruch feierten. 32 Jahre später soll das Duo diesen Film nach Jahren der Funkstille bei einer Gala mit anschließendem Publikumsgespräch vorstellen.

Ausgehend von dieser Rahmenhandlung mäandert sich Almodóvars Alter ego Salvador Mallo assoziativ durch seine Erinnerungen: an seine Mutter Jacinta (gespielt von Penelope Cruz, die ihre Almodovár-Rollen ebenfalls als Startrampe für Hollywood-Ruhm und Oscar-Glamour nutzen konnte), an seinen Liebhaber Federico (Leonardo Sbaraglia) und an sein erstes sexuelles Begehren, als er als kleiner Junge in Ohnmacht fiel, während sich der Nachbar Eduardo (César Vicente) nach dem Malern zum Duschen auszog.

Nach einigen schwächeren Filmen wie der recht albernen Komödie „Fliegende Liebende“ und dem Melodram „Julieta“ bekam Almodóvar wieder bessere Kritiken. Das zweistündige Werk franst jedoch oft aus und ist insgesamt sehr betulich erzählt. Für Banderas war es ein Triumph, dass er in Cannes mit der Silbernen Palme ausgezeichnet wurde. Anschließend war er auch Stargast des Filmfests München.

„Leid und Herrlichkeit“ stand auch auf der Oscar-Short-List für den besten nicht-englischsprachigen Film, unterlag aber auch hier wie schon beim Wettbewerb um die Goldene Palme von Cannes gegen „Parasite„.

Bilder: Studiocanal/ El Deseo / Manolo Pavón

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