Ein verborgenes Leben

Fernab des Mainstreams, monolithisch und schroff ragt dieser Film aus der Kino-Landschaft heraus. In drei kontemplativen Stunden setzt Terrence Malick seiner Hauptfigur ein Denkmal: dem Bergbauern Franz Jägerstätter, der aus Gewissensgründen den Eid auf Hitler und den Dienst in der Wehrmacht verweigerte und deshalb 1943 wegen „Wehrkraftzersetzung“ in Tegel hingerichtet wurde.

Der Film ist tiefreligiös, gleicht mehr einer Meditation oder einem Gebet. Wie üblich geht es Malick weniger darum, einen Plot voranzutreiben, sondern Stimmungen einzufangen und sich Zeit für Abschweifungen zu nehmen. Das Alpenpanorama, Wasserfälle, Weidelandschaften und triste Gefängnisflure werden von Jörg Widmers meisterhaft in Szene gesetzt und zu weiteren Hauptdarstellern des Films.

Manchmal ist die Bildsprache arg plakativ geraten, z.B. wenn die ersten Anzeichen, dass sich das Bergdorf-Idyll in Radegund verdüstert und Malick dunkle Wolken über den Gipfeln aufziehen lässt. Das ist jedoch Jammern auf hohem Niveau. Denn zum ersten Mal seit „Thin Red Line“ gelingt Terrence Malick wieder eine filmisch-philosophische Gratwanderung ohne abzustürzen. Nach schwer erträglichen Flops, die vor esoterischem Quark trieften, ist „A hidden life/Ein verborgenes Leben“ endlich wieder großes Kino des amerikanischen Regie-Altmeisters.

Neben den Naturaufnahmen stehen August Diehl und Valerie Pachner im Zentrum des Films: Um den einen war es nach seinem steilen Karrierebeginn um die Jahrtausendwende herum etwas stiller geworden. Die Seelenqualen und die Zerrissenheit des wortkargen Franz Jägerstätter sind eine Paraderolle für ihn. Fani, die von den anderen Dorfbewohner*innen als Frau eines „Verräters“ bespuckt und ausgegrenzt wird, spielt Valerie Pachner, die diesmal ganz andere Facetten zeigen darf als bei ihrem Berlinale-Auftritt in „Der Boden unter den Füßen“ als Karriere-Frau, die in eine Psychose abdriftet.

Als Bonus gibt es eine Reihe von Klein- und Kleinstauftritten vom Who is Who der deutschen Theaterszene wie z.B. Ulrich Matthes, Sophie Rois, Martin Wuttke, Karin Neuhäuser. Hervorzuheben sind Bruno Ganz als der Richter, der das Todesurteil verhängt, in einer seiner letzten Rollen und der aktuelle Kerr-Preisträger Johannes Nussbaum, der als völlig unbekannter Student für die letzten Szenen auf dem Weg zum Schafott gecastet wurde.

Denn bereits im Sommer 2016 wurde der Film unter dem Arbeitstitel „Radegund“ (nach Jägerstätters Heimatort) gedreht und seitdem für jedes A-Film-Festival erwartet. Erst im Mai 2019 hatte „Ein verborgenes Leben“ seine Premiere in Cannes. Seine Deutschland-Premiere hatte er zur Eröffnung des „Around the World in 14 films“-Festivals, bevor er Ende Januar 2020 in den Kinos starten soll.

Bild: © Iris Productions

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