Das Gewächshaus

Das Junge DT wird in dieser Woche zehn Jahre alt und schenkt sich selbst zwei Premieren. Neben einer Überschreibung von Schillers Sturm- und Drang-Klassiker „Die Räuber“ feierte „Das Gewächshaus“ von Jordan Tannahill Premiere.

Der kanadische Regisseur und Dramatiker war mir bisher kein Begriff, sein Mystery-Drama „Das Gewächshaus“ (im Original: „Concord Floral“) wird in Überblicksartikeln als sein wichtigstes Werk genannt und schon an einigen deutschen Bühnen inszeniert, demnächst auch in Paderborn und Baden-Baden.

Dass er in Ottawa eine Jugendtheatergruppe namens „Suburban Beasts“ mitgründete, passt gut ins Bild. Denn brutale Bestien sind die Figuren, von denen er im „Gewächshaus“ erzählt. Das Stück ist ein harter Stoff, der vom Mobbing unter Jugendlichen erzählt, das hier in einer Katastrophe endet. Schauplatz des Dramas ist „Das Gewächshaus“, ein verfallener Ort am Rande der Stadt, den die Jugendlichen als Rückzugsort, zum Kiffen, für Mutproben und vor allem für ihre Lieblingsbeschäftigung, das Mobbing, nutzen.

Tannahill schildert die Albträume, die die Jugendlichen nach der Katastrophe und dem Fund einer verwesenden Leiche heimsuchen. Sehr realistische Szenen aus ihrem Alltag wechseln sich mit Zombie- und Mystery-Motiven wie einem geheimnisvoll klingenden Handy ab. In der düsteren Atmosphäre bleibt lange verborgen, was wirklich vorgefallen ist.

Das DT empfiehlt diese Produktion ab der 9. Klasse, 15jährigen mutet dieser sehr harte und brutale Stoff jedoch ziemlich viel zu.

Regie führte Salome Dastmalchi, die wieder mit ihrer Choreographin Niloufar Shahisavandi zusammenarbeitet. Gemeinsam inszenierten sie in der Box des Deutschen Theaters bereits 2017 die „Draufgängerinnen“, eine temporeiche, sehr unterhaltsame und musikalische Aufführung über Teenagerinnen, die schwanger wurden.

Bei „Das Gewächshaus“ schlagen sie einen ganz anderen, düstereren Ton an. Musikalische und choreographische Elemente spielen eine geringere Rolle, stattdessen steht das Spiel zwischen Realismus und Mystery im Mittelpunkt des Abends.

Die Pest, die in Giovanni Bocaccios „Decamerone“ wütet, geistert auch als Metapher durch den „Gewächshaus“-Text von Tannahill. Das Junge DT schlägt damit den Bogen zur nächsten Premiere von Kirill Serebrennikow nebenan auf der großen Bühne.

Die Beschäftigung mit dem Thema Mobbing hat ein Spieler anscheinend so verinnerlicht, dass er seine Mobbing-Strategien während der Vorstellung auch am Publikum anwendet.

Bild: Arno Declair

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