Thalia-Hausregisseur Antú Romero Nunes plante für den 28. März eine „Ode an die Freiheit“-Premiere. Auch diese Pläne durchkreuzte die Corona-Pandemie. „Hoffentlich noch 2020“ gibt das Hamburger Thalia Theater als neuen Premieren-Termin an.
Regisseur und Theater reagierten schnell und entwickelten aus den Probenarbeiten entwickelte sich zwei kurze Online-Formate. Der erste Teil „Maria Stuart“ war enttäuschend und kam nicht über nettes Garderoben-Geplauder von Barbara Nüsse und Karin Neuhäuser und ein paar Corona-Gags von Josef Ostendorf als qualmender, niesender Zuschauer hinaus.
Für den zweiten Teil „Wilhelm Tell“ setzte Nunes auf sein bewährtes Komiker-Duo Paul Schröder/Thomas Niehaus, die mit ihrer „Odyssee“ 2018 bereits zu Theatertreffen-Ehren kamen.
Schröder gibt den Tell mit klischeehaftem Alm-Öhi-Rauschebart und schwärmt mit Schweizer Akzent von der Freiheit der Berge und der Landschaftskulisse, die als altertümlich-impressionistische Tapete wie aus einem Heimatfilm hinter ihm hängt. Tells Sohn Walter zerstört die Illusion, indem er die Kulisse einfach kurz anhebt und ins Leere glotzt. Diesen Walter spielt Niehaus mit debil-irrem Blick und hässlichem Überbiss.
Später schlüpft Niehaus auch noch in die Rolle des Landvogts Gessler, der hier ganz anders gezeichnet wird als bei Schiller und im Schweizer Nationalmythos: Gessler ist in dieser Tell-Überschreibung kein autoritäter Tyrann, sondern ein aufgeklärter, auf Ausgleich bedachter Politiker und will den Hitzkopf Tell davon abbringen, seinen Sohn mit dem Apfelschuss gefährden. Tell ist hier nicht der ikonische Freiheitskämpfer, sondern ein engstirniger, überreagierender Fremdenfeind.
Dies ist die Pointe der halbstündigen kleinen Fingerübung, die Schröder/Niehaus wesentlich zurückgenommener als bei früheren Auftritten performen. Statt ausufernder Slapstik-Duette, die in die sie sich oft hineinsteigern, ist ihr „Wilhelm Tell“ ein kleines, konzentriertes Format.
Man darf gespannt sein, wie die Bühnen-Fassung der „Ode an die Freiheit“ aussehen wird, wenn sie endlich zuende geprobt und aufgeführt werden kann.
Bild: Martin Prinoth