Nach dem Berliner Ensemble und dem Deutschen Theater startete auch die Volksbühne eine kurze Open-Air-Saison: Hausregisseurin Lucia Bihler konzipierte mit den drei Spielerinnen Johanna Bantzer, Sarah Franke, Emma Rönnebeck einen knapp einstündigen Sommertheater-Abend. Schauplatz war allerdings nicht der Rosa-Luxemburg-Platz, der in den vergangenen Monaten als Aufmarschgebiet von Verschwörungstheoretikern genutzt wurde, wobei die Volksbühne als imposante Kulisse missbraucht wurde, sondern der Hof vor dem Roten Salon.
Mit einer Persiflage auf das manchmal undurchdringliche, oft widersprüchliche Konvolut der Corona-Hygieneregeln begrüßte eine Spielerin ihr Publikum. Während sie sich in einem Monolog über FFP2-Masken und Toilettenbesuche verhedderte, erschien in den Fenstern des Salons nach und nach ein weiblicher Chor, der Passagen aus „In your face, frühsommerlichneonationalistischer Depressionszusammenhang!“ von Gerhild Steinbuch und Thomas Köck vortrug. Einige scharfzüngige und scharfsinnige Beobachtungen über Viren, Martin Sellner und seine Identitäre Bewegung oder Alexander Gauland aus der „Hochrisikogruppe“ eröffneten und beendeten dieses sommerliche Chorprojekt.
Doch trotz dieser Klammer zerfiel der Rest in kleinteiliges Stückwerk: hier eine Slapstick-Nummer von Film-Star und Neu-Ensemble-Mitglied Jella Haase, die hysterische Schreie ausstieß und mit einem Staubsauger hantierte, dort ein Klavier-Part von Volksbühnen-Urgestein Sir Henry, der mit tiefschwarz geschminkten Augen einige Randbemerkungen beisteuerte.
Das Wichtigste an dem Abend, der mit geringem Vorlauf vorbereitet werden musste, war, dass endlich wieder vor Publikum gespielt werden konnte, so dass dramaturgische Holprigkeiten und lose Fäden der Nummernrevue weniger ins Gewicht fallen.
Bild: David Baltzer