Moby Dick

Die Corona-Streaming-Phase beendet das Thalia Theater mit einer Hommage an den Hausregisseur Antú Romero Nunes, der knapp ein Jahrzehnt lang in Hamburg inszenierte und ab der kommenden Spielzeit der prominenteste Kopf der vierköpfigen Intendanz des Theaters Basel wird.

Bevor es in die Sommerpause geht, sind auf Thalia Digital noch einmal prägende Nunes-Inszenierungen wie „Richard III.“, seine erste Theatertreffen-Einladung mit der Slapstick-„Odyssee“ und seine „Moby Dick“-Adaption zu sehen.

Vor allem „Moby Dick“ ist eine Inszenierung, die in Erinnerung bleibt: zur Spielzeiteröffnung im September 2013 hatte sie Premiere und auch in Basel möchte Nunes sie ins Repertoire übernehmen.

Der knapp 2,5stündige Abend lebt von der Energie und Spielfreude seines Ensembles: Nunes und seine diesmal rein männliche Crew choreographierten pralle Action-Szenen voller Humor, Körperlichkeit und Action und schufen ein Theaterfest, wie wir es in kargen, von Abstandsregeln geprägten Corona-Zeiten vermutlich noch eine ganze Zeit lang nicht mehr erleben dürfen. Sebastian Zimmler, Mirco Kreibich, Daniel Lommatzsch, Thomas Niehaus und Jörg Pohl folgen Nunes von der Alster nach Basel, letzterer sogar als Co-Intendant, und werfen sich nicht nur in Wasserschlachten, sondern auch in pantomimische Kämpfe mit dem Wal und gewagte Schiffsmanöver.

„Moby Dick“ überdauerte aber auch deshalb die Jahre, weil Nunes hier zeigt, dass er auch ganz anders kann: nicht nur hochtouriges Theater, manchmal haarscharf am Kindergeburtstag, sondern auch leise, poetische, nachdenkliche Töne. Die erste halbe Stunde besteht nur aus einer Aneinanderreihung kleiner Soli: mal düster-melancholisch, mal exzentrisches Mansplaining. Jörg Pohl nimmt die langen Wikipedia-artigen Exkurse aus dem Roman-Klassiker aufs Korn, in denen sich Herman Melville in langatmigen Ausführungen über alles, was wir noch nie über Walfang wissen wollten, erging. Satirisch arbeiteten sich daran auch Anita Vulesica und ihre HfS Ernst Busch-Studentinnen in ihrer „Moby Dick“-Adaption im 3. Stock der Volksbühne 2019 ab.

Bilder: Krafft Angerer

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert