Sechs Soli und ein Duett präsentiert Toula Limnaios über zwei Abende verteilt, die jeweils im Wechsel gespielt werden: Allen Miniaturen aus „tell me a better story 1+2“ ist gemeinsam, dass sie während der schwierigen Wochen des Lockdowns erarbeitet wurden.
Dieses Thema prägt vor allem die ersten beiden Arbeiten: In „kyofu“ (japanisch für Angst) windet sich Hironori Sugata in den Gefühlen von Beklemmung und Einsamkeit. Von der Isolation erzählt auch Karolina Wyrwal in „replika“, als einzige Gesprächspartnerin bleibt ihr eine zum Chat-Bot mutierte Schaufenster-Puppe.
Bereits in „meantime“ performten Alessio Scandale und Laura Beschi die Höhen und Tiefen einer Paar-Beziehung als sinnlichen Pas de deux zwischen Anziehung und Abstoßung. In der Fortsetzung „parlez-moi d´amour“ steht ihr Ringen um Nähe und Distanz noch stärker im Vordergrund. In ständiger Bewegung versucht sich immer wieder einer von beiden zu entziehen, braucht mehr Freiraum, bevor das Paar doch wieder zueinanderfindet.
Experimenteller und noch facettenreicher ist der zweite Abend: „ladylike“ von Alba De Miguel wirkt streckenweise schon eher wie eine Performance als Tanz. Die spanische Tänzerin lotet die Rollenerwartungen aus: Wie hat sich eine Frau zu verhalten? Changierend zwischen brav und verführerisch umkreist sie den Tisch, der als einziges Requisit mit auf der Bühne steht.
Am rätselhaftesten und ungewöhnlichsten ist Daniel Afonsos Solo „my favorite body“, das auch für die Werbe-Plakate verwendet wurde.
Inspiriert vom Roman „Ein Mann der schläft/Un homme qui dort“ von Georges Perec verschwindet der Mund des Tänzers hinter einem Smartphone und später das gesamte Gesicht hinter einem Knäuel aus roten Fäden.
Nach dem spielerischen Auftritt von Francesca Bedin, die mädchenhaft zu Rachmaninoff-Klängen mit einem Luftballon tänzelt, bis dieser schließlich zerplatzt, entert Leonardo d´Aquino in „ich bin zwei“ als DragQueen die Bühne. Was im queerfeindlichen Klima seiner von Bolsonaro regierten Heimat kaum möglich wäre, lebt d´Aquino hier ganz selbstverständlich aus: das Experimentieren mit den Geschlechternormen und Zuschreibungen, das Spiel mit den Möglichkeiten.
In diesem letzten Stück zeigt sich am deutlichsten, worum es der Choreographin Toula Limnaios bei den Einzelproben ging: Die sieben halbstündigen Szenen sind ganz auf die Persönlichkeit der jeweiligen Ensemble-Mitglieder zugeschnitten. Während sie sonst in das Korsett des jeweiligen Regie-Konzepts eingebunden sind, zeigen sie hier sehr persönliche Arbeiten, die ihre Grundstimmung während des Lockdowns spiegeln oder einen Charakterzug besonders hervorheben.
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