Babylon Berlin – 3. Staffel

Dieses Prestige-Projekt von ARD und Sky eifert den großen Vorbildern des amerikanischen und skandinavischen Serien-Hypes nach: In epischer Länge taucht „Babylon Berlin“ in den Herbst 1929 ein, verknüpft seine parallelen Erzählstränge, schwelgt in den historischen Interieurs, garniert rasante Action-Szenen mit historischer Aufklärung.

Ein roter Faden dieser 3. Staffel sind die Ermittlungen in der rätselhaften Mordserie an einem Filmset in Babelsberg: Betty Winter, Hauptdarstellerin des expressionistischen Schinkens „Dämonen der Leidenschaft“ voller skurriler Choreographien, die als Film-in-der-Serie (mit Meret Becker als einspringender, depressiver Ex-Diva) genüsslich präsentiert werden, wurde ebenso wie eingesprungene Statistinnen von einem Phantom ermordet. Der Witwer (Sabin Tambrea) hat jedoch ebenso einen Hang zu okkulten Praktiken wie Gereo Rath (Volker Bruch). Dass Jens Harzer ein wunderbarer Schauspieler ist unbestritten, als rätselhaft-raunender Hypnotiseur und Parapsychologe geistert er in einer zentralen Nebenrolle durch diese Serie.

Die spannenderen Aspekte von „Babylon Berlin“ sind jedoch die verzweifelten Versuche der demokratischen Kräfte in Polizei, Justiz und Medien, sich gegen den aggressiven Vormarsch der Nazis zu wehren. Scheinbar beiläufig sind in die spannende Ermittlungsarbeit von Rath und seiner Assistentin Charlotte Ritter (Liv Lisa Fries) die Szenen eingebaut, in denen der Ullstein-Verleger (Martin Wuttke) und der Kaffeehaus-Journalist (Karl Markovics) den Einschüchterungsversuchen der SA ausgesetzt sind oder in denen der strippenziehende Oberfiesling Regierungsrat Wendt (Benno Fürmann) seine Jung-Nazis (Jakob Matschenz und Julius Feldmeier) als Männer fürs Grobe losschickt und genauso kaltblütig fallen lässt.

Zurecht wies Adam Soboczyinski in der ZEIT daraufhin, dass ambivalente, schwierige, wirklich sperrige Charaktere Mangelware sind. Zu exaltiert und klischeehaft wirken manche Figuren wie der manisch-depressive Großindustriellen-Sproß Alfred Nyssen (Lars Eidinger), der versucht, an der Börse mit Spekulationen das große Rad zu drehen. Dennoch ist diese sehr verqualmte Serie ein unterhaltsames Bingewatching-Vergnügen, das sich auf mehreren Ebenen rezipieren lässt: Erstens als spannende Krimi-Serie mit überraschenden Wendungen. Zweitens als große Zwanziger-Jahre-Saga mit einer kecken, emanzipierten Assistentin, die sich in die zweite Hauptrolle hineinspielt. Das Regie-Trio Achim von Borries, Hendrik Handloegten und Tom Tykwer fängt viel von dem „Tanz auf dem Vulkan“ in den Berliner Nachtlokalen jener Zeit ein. Oder drittens als Erzählung vom Untergang der Weimarer Demokratie, bei dem konservative Eliten wie Generalmajor Seegers (Ernst Stötzner) für ihre Pläne benutzen wollten und ihnen den Steigbügel hielten, während die demokratischen Kräfte zu schwach waren, die Republik zu verteidigen.

Bilder: © Frédéric Batier/X Filme Creative Pool/ARD Degeto/WDR/Sky/Beta Film 2019

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