Eine wilde Mash-up-Revue hat Claudia Bauer für die Volksbühne inszeniert: „Metamorphosen (overcoming mankind) nach Ovid & Kompliz*innen“ ist ein zweistündiger Abgesang auf die Menschheit, die sich durch die Auswüchse des Kapitalismus und durch die Klimakrise selbst die Existenzgrundlage entzieht.
Der Abend hangelt sich entlang an einigen Episoden aus dem schier unerschöpflichen Mythen-Füllhorn, das Ovids „Metamorphosen“ bieten: abwechselnd trägt jeweils eine Spielerin oder ein Spieler ein Ovid-Kapitel vor und ist dabei auf der großen Leinwand zu sehen. Zu seinen oder ihren Füßen wuselt der Rest des Ensembles herum und unterlegt die Ovid-Lesung mit stummem Slapstick. Stilistisch erinnert diese Nummern-Revue stark an die Körperkomik von Herbert Fritsch und das schrullige Musik-Kabarett von Christoph Marthaler, also an zwei prägende Regisseure aus der Volksbühnen-Zeit von Frank Castorf.
Sketch reiht sich an Sketch, die Nummern wirken nicht nur epigonal, sondern auch austauschbar und nur bemüht komisch. Immerhin gibt es ein paar schöne Ausstattungs-Details: So hat Andreas Auerbach hat das Foyer mit seinen Türen nachgebaut, die im Lauf des Abends ständig wie in einer Boulevardkomödie klappern, wenn die nächste kleine Miniatur beginnt, oder die klackernde Schreibmaschine, auf der Amal Keller und Mathis Reinhardt eine Büro-Slapsticknummer turnen. Zu den witzigeren Momenten zählt auch ein Seitenhieb auf die Covid19-Verschwörungstheoretiker*innen und Querdenkerer*innen, die die Volksbühne mehrfach als Kulisse für ihre Demos nutzen wollten.
Auch die wunderbare musikalische Begleitung von Countertenor Hubert Wild, der Barockarien vorträgt, und seinen drei Musikern Valentin Butt, Andrew Krell und Andrej Ugoljew gehört zu den Lichtblicken eines Stream-Abends aus der Volksbühne, der sich sehr in die Länge zieht, da die Revue der Ovid-Häppchen ermüdend wird.
Im Lauf der knapp zwei Stunden gibt es mehr und mehr Fremdtexte: Gedichte der kanadischen Friedenspreisträgerin Margaret Atwood und Ausschnitte aus John von Düffels Textfassung zu Karin Henkels Zürcher „Beute Frauen Krieg“-Inszenierung beschreiben die Gewalt gegen Frauen , Passagen aus Thomas Köcks Klimatrilogie thematisieren den Raubbau an der Natur, die von René Pollesch verehrte Soziologin Donna Haraway und ihre Transformations-Visionen werden zitiert. Zu einem überzeugenden Ganzen fügt sich dieser konfuse Mash-up nicht, da eine überzeugende dramaturgische Linie fehlt.
Bilder: Julian Röder