Wir Schwarzen müssen zusammenhalten. Eine Erwiderung

Zu den Ohrwurm-Klängen der Titelmusik des 80er Jahre-Blockbusters „Ghostbusters“ entert Nancy Mensah-Offei die Bühne des Werkraums der Münchner Kammerspiele. Sie steckt in einem afrofuturistischen Kostüm, das Julia Kurzweg und Ayanick Nini Nicoué gemeinsam kreiert haben. Ihre Mission: den Geist eines Mannes zu jagen, der in den 1980er Jahren wie ein kleiner Sonnenkönig, von den einen bewundert, von den anderen gehasst, in der Bayerischen Staatskanzlei regierte und mit seinen Amigos ein System der Spezlwirtschaft und der Korruption etablierte, dessen ganzes Ausmaß erst nach seinem Tod sichtbar wurde.

Von Franz Josef Strauß stammt auch der Kalauer „Wir Schwarzen müssen zusammenhalten“. 1983 fiel dieser Satz während eines Strauß-Besuchs in Lomé beim damals in Togo herrschenden Militärdiktator, als der Ministerpräsident sich in der Rolle des Türöffners für den Rosenheimer Momax-Konzern gefiel, der neue Absatzmärkte suchte.

Die 90 Minuten, bei denen sich Live-Aktionen aus dem Münchner Theater mit vorproduziertem Video-Material abwechselt, das bei einer Recherche-Reise nach Togo entstand, sind eine anekdotisch-kabarettistische Revue, die viele Dokumentar-Theater-Infohäppchen bietet. Aus den Gesprächen der Geisterjägerin und des Funkers mit Bismarck-Pickelhaube (Komi Togbonou), der sie zu Hilfe gerufen hat, ergeben manch spannende Anknüpfungspunkte zum Weiterrecherchieren, z.B. über die Menschenversuche von Claus Schilling, der diese Praxis aus der Kolonialzeit auch in NS-Konzentrationslagern fortsetzte, oder über den ebenso steilen Aufstieg wie Absturz des Rosenheimer Eishockey-Clubs, der von Strauß-Amigos gesponsert wurde. Deshalb kurvt auch Matthias Weigel im Eishockey-Trikot durch die Szenerie.

Die Info-Häppchen werden launig serviert als Mash-Up aus Theaterfilm, Comic und Recherche-Material, bleiben aber ein unsortierter Zettelkasten, wie Barbara Behrendt im rbb-Kulturradio zurecht kritisierte. In den Mittelpunkt des Abends spielt sich die Franz Josef Strauß-Puppe, die mit O-Ton vom Band lospoltert und von Michael Pietsch, mit dem Regisseur Jan-Christoph Gockel seit vielen Jahren eng zusammenarbeitet, an Fäden geführt wird.

Die unter den Schwierigkeiten des Lockdowns und mit Hilfe des Goethe-Instituts produzierte Arbeit des neuen Hausregisseurs Gockel erreicht leider nicht die Qualität einer thematisch verwandten Inszenierung: Auch „Die Revolution frisst ihre Kinder“, das er 2018 für das Schauspielhaus Graz entwickelte, ist ein Hybrid aus Film, Theater und Puppenspiel und arbeitet afrikanisch-europäische Zeitgeschichte auf. Dieser Mix aus Theaterbetriebssatire, Mockumentary und politischer Bildungsarbeit spielte raffiniert und unterhaltsam mit den Ebenen. Es bleibt zu hoffen, dass Gockel nach dem Lockdown auch in München einen ähnlich unterhaltsamen und gelungenen Abend inszenieren kann.

Bilder: Thomas Aurin

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