Stronger Still

Mit einem Herzensthema starten Shermin Langhoff und ihr Gorki Theater in den Rest der Spielzeit, den der siebenmonatige Lockdown noch übrig ließ: die Verletzung der Grund- und Menschenrechte, die staatliche Repression, vor allem in der Türkei.

Die vier Installationen, die im Studio, im Garten und auf dem Gelände des Gorki Theaters ab dem 2. Juni bis zur auf vier Wochen verkürzten Sommerpause am 22. Juni präsentiert werden, sollten eigentlich schon im Februar gezeigt werden. Im Rahmen des Festivals Re:Writing the Future, das in Kooperation mit der Allianz Kulturstiftung organisiert wurde, reflektierten damals die Literaturnobelpreisträgerinnen Herta Müller und Swetlana Alexijewitsch in gestreamten Panels ihre Erfahrungen mit politischer Opposition gegen totalitäre Regime.

Vier Monate später sind die Ausstellungen nun endlich zugänglich. Shermin Langhoff eröffnete die Installationen mit einer kurzen Begrüßungsrede, in der sie die Programm-Highlights der kommenden Monate ankündigte. Als Überraschungsgast setzte Deniz Yücel den Reigen der Gast-Redner fort: Der ehemalige taz- und Springer-Redakteur beschrieb seine Erfahrungen im türkischen Knast. Er erlebte Silivri, das größte Gefängnis der Türkei, wo er 2017/18 inhaftiert war, als geruchs- und farblosen Ort ohne Privatsphäre, in dem er der Willkür staatlicher Macht ständig ausgeliefert war.

© Ute Langkafel MAIFOTO
SİLİVRİ. prison of thought
Eine Installation von CAN DÜNDAR
Szenografie SHAHRZAD RAHMANISİLİVRİ.

„Silivri. prison of thought“, den Nachbau der Gefängniszelle von Can Dündar, können die Besucher im Garten betreten. Der ehemalige Chefredakteur von Cumhuriyet hat bereits 2016 sein Exil am Gorki Theater gefunden und im Rahmen von „Stronger Still“ auch gemeinsam mit Hakan Savaş Mican im Gorki-Studio die Installation „museum of little things“ kuratiert. In diesem Raum werden Alltagsgegenstände aus der Haft-Zeit von Regime-Gegnern gezeigt, in Videoinstallationen an den Wänden sind die beiden Gorki-Ensemble-Mitglieder Sesede Terziyan und Taner Şahintürk mit kurzen Texten in Dauerschleife zu erleben.

Can Dündar, Hakan Savas Mican, Sebastian Lempe
Still from museum of small things, 2021,
Courtesy of the artists
Still from museum of small things, 2021, featured here Sesede Terziyan_Instrument von Grup Yorum

Besonders stolz war Shermin Langhoff auf die Ausstellung „Prison No. 5“ der kurdischen Feministin und Journalistin Zehra Dogan, die 34 Monate in drei unterschiedlichen Gefängnissen saß und mehr als 300 Bilder schuf. Ein Teil dieser Werke, die sie auf der Rückseite von Zeitungen oder Textilien malte, wird im Gorki Kiosk ausgestellt.

Mit den „Stronger Still“-Installationen eröffnet zugleich der 5. Gorki Herbstsalon, diesmal mit neuem Konzept. Anders als gewohnt gibt es keine konzentrierte, dreiwöchige Werkschau im Oktober/November mit Festival-Gastspiel-Programm, sondern eine Serie von Ausstellungs-Formaten.

Vorschaubild der Installation Silivri. prison of thoughts: Lutz Knospe

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert