Der Corona-Ausnahmezustand, der die großen Blockbuster ausbremste, sorgte dafür, dass stille, kleine Filme in diesem Jahr ins Rampenlicht rückten. Hierzu zählt die Tragikomödie „Minari“ von Lee Isaac Chung, die den Golden Globe als bester fremdsprachiger Film gewann und mit sechs Nominierungen, darunter auch in den Königs-Kategorien „Bester Film“ und „Beste Regie“, als einer der Favoriten in die Oscar-Nacht 2021 ging.
„Minari“ ist ein sehr persönliches Werk: wie seine Hauptfigur, der sechsjährige David (Alan S. Kim), ist auch der Regisseur als Sohn südkoreanischer Einwanderer in den 80er Jahren in Arizona aufgewachsen. Autobiographisch inspiriert, aber auch mit einigen Motiven aus dem Roman „My Ántonia“ von Willa Cather, erzählt der Spielfilm von den Schwierigkeiten der Familie Yi, in den USA Fuß zu fassen.
Der Dauerstreit zwischen Vater Jacob (Steven Yeun aus „Burning“) und Mutter Monica (Han-Ye Ri) überschattet den Film ebenso wie die ständige Sorge um einen Herzfehler des kleinen David. Viel Schmerz und Traurigkeit liegt über den knapp zwei Stunden, dennoch gibt es immer wieder Momente zum Schmunzeln, für die vor allem Oma Soon-ja (Youn Yuh-Jung) sorgt, die ab der Mitte des Films ebenfalls im Wohnwagen auf der Farm in den US-Südstaaten einzieht. Für ihre Rolle als bodenständige, witzige Großmutter, die den Alltag im Hause Yi aufmischt, wurde die Schauspielerin mit dem Oscar für die beste Nebendarstellerin ausgezeichnet. Dies war der einzige Academy Award, den „Minari“ gewinnen konnte.
In langen, von elegischer Klaviermusik unterlegten Einstellungen schildert „Minari“ den Alltag der Familie Yi betont unspektakulär. Tolle Landschaftsaufnahmen und kleine Miniaturen schrulliger Südstaaten-Charaktere ziehen sich leitmotivisch durch die Tragikomödie, die von der Schwierigkeit erzählt, Wurzeln zu schlagen: von den Hoffnungsschimmern, Enttäuschungen und Rückschlägen. Symbolisch stehen dafür die „Minari“-Samen, die Familie Yi aussät und die nach und nach bis zum Schlussbild ein dichtes Feld wachsen und wuchern lassen. Dieser koreanische Wassersellerie ist eine schmackhafte Zutat für Kimchi, Eintopf oder Suppen, erklärt Oma Soon-ja.
Das von Hollywoodstar Brad Pitt koproduzierte „Minari“ ist der Prototyp eines Arthouse-Gefühlskinos und war bei der Premiere in Sundance im Januar 2020 der große Gewinner: er wurde mit dem Hauptpreis der Jury ausgezeichnet und war auch der Liebling des Publikums. Eigentlich sollte „Minari“ schon im Dezember 2020 beim „Around the World in 14 films“-Festival in der Berliner Kulturbrauerei gezeigt werden. Der Corona-Lockdown ließ aber nicht nur das Festival platzen, sondern sorgte auch für mehrere Verschiebungen des Kinostarts: seit 15. Juli ist „Minari“ nun endlich zu sehen.
Bilder: © Melissa Lukenbaugh / Prokino/ A24