Like Lovers Do

In quietschbunten Kostümen von Teresa Vergho trippelt das Quintett auf die Bühne der Münchner Kammerspiele. In den ersten wortlosen Minuten bieten sie eine lustige Choreographie, die von Beobachter*innen als zu beliebig kritisiert wurde oder sie an den Hüpfburg-Spaß auf Kindergeburtstagen erinnerte.

Für „Like Lovers Do (Memoiren der Medusa)“ nimmt Hausregisseurin Pinar Karabulut erst mal Anlauf und lässt ihr Publikum durchatmen. Dann setzen die glorreichen 5 (drei Frauen und zwei Männer) zu einem Stakkato aus triggernden Vergewaltigungs-Erfahrungen an. Sivan Ben Yishai, sicher eine der bedeutendsten und pointiertesten Gegenwartsautorinnen, setzt zu einem Rundumschlag an, der von der antiken Figur der Medusa ausgeht, sich in die Welt junger Teenager*innen einfühlt und immer wieder zum spektakulären Fall der US-Amerikanerin Lorena Babbitt zurückkehrt, die ihren Mann nach jahrelangem Missbrauch kastrierte.

Ebenso drastisch wie unterkomplex kommt dieser sprachgewaltige Abend daher. Überfällig waren die Theatertreffen-Einladungen für Regisseurin Pinar Karabulut und Autorin Sivan Ben Yishai, die es beide zum ersten Mal in die 10er-Auswahl schafften. Der Wermutstropfen ist, dass sie ausgerechnet für einen Abend ausgezeichnet werden, der nicht zu ihren überzeugendsten Arbeiten zählt.

Zu eindimensional rauschen die Vergewaltigungstraumata in einem Mix aus langen Monologen und Musical-Einlagen vorbei, bei denen die Text-Verständlichkeit ohne englische Übertitel noch mehr leiden würde. Die Selbstironie und der Anspielungsreichtum, die „Wounds are forever“ von Ben Yishai zu einem der besten Texte der Saison machen, fehlen diesem brachialen „Like Lovers Do“. Für beide Texte zusammen wurde Ben Yishai auch im August 2022 von der „Theater heute“-Jury als Dramatikerin des Jahres ausgezeichnet.

Pinar Karabuluts anspielungsreicher und zitatverliebter Inszenierungsstil will ebenfalls nicht so recht zu dem Text passen. Was in der Web-Sopa-Opera „Edward II.“ wunderbar funktionierte, wirkt hier als Comic Relief-Brechung eines drastischen Texts oft merkwürdig hilflos, fast deplatziert.

Die Jury des Theatertreffens war von dem Abend dennoch so überzeugt, dass sie ihn in ihr Tableau für den Mai 2022 im Haus der Berliner Festspiele aufnahm.

Bild: Krafft Angerer

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