Ganz in pink steht der versammelte Hofstaat um die Wanne herum, in der König Edward (Jan Meeno Jürgens) ein Schaumbad mit seinem Liebsten (Alexandros Koutsoulis) flirtet. Damit ist die Konfrontation des knapp zweistündigen Abends von Beginn an klar markiert: das junge Glück der verliebten Turteltäubchen hat keine Zukunft. Das gesamte Establishment ist in seiner Homophobie strikt dagegen und zwingt Edward, seine Liebe zu opfern.
Pascal Fligg
Besonders schmallippig verzieht der Erzbischof von Canterbury (Ensemble-Veteran Pascal Fligg) sein Gesicht, aber auch die weiteren Gegenspieler spinnen ihre Intrigen wie z.B. Beau Mortimer (Silas Breiding), der eine Affäre mit der zurückgesetzten Königin Isabella (Liv Stapelfeldt) pflegt.
Schon in dieser ersten Szene wird aber auch der Zwiespalt dieses Abends deutlich: wie viel Camp und wie viel queere Pop-Oper will Intendant Christian Stückl dem Publikum zu dieser doppelten Eröffnung (der Spielzeit und des neuen Hauses im Schlachthofviertel) zumuten? In Richtung Camp und Extravaganz schlägt das Pendel immer dann aus, wenn Gaveston den nötigen Raum bekommt: Alexandros Koutsoulis, der frisch von der Berliner Ernst Busch-Hochschule ans Münchner Volkstheater kam, flirtet nicht nur mit dem König, sondern in einer exhibitionistischen Solo-Show auch mit dem Publikum. Sein genderfluides Kostüm, irgendwo zwischen Marilyn Monroe und David Bowie, das Stefan Hageneier gestaltete, setzt ein Ausrufezeichen in einer Inszenierung, die sonst aber doch näher am konventionellen Sprechtheater ist.
Die bayerische Indieband The Notwist sorgt für eine stimmungsvolle Untermalung des Intrigenspiels und die natürlich auch pink angestrahlte Drehbühne kommt so oft zum Einsatz, dass das selbstbewusste Muskelspiel der Technik etwas an Chris Dercons Einstand an der Volksbühne erinnert. Das sehr spielfreudige Ensemble, bei dem sich wieder einmal Stückls Blick für junge Talente zeigt, bleibt trotz aller queeren Farbtupfer doch nah an der Vorlage aus der Shakespeare-Zeit und bietet ein Sprechtheater, das für viele gesellschaftliche Gruppen anschlussfähig ist: Jugendliche und Student*innen, für die das Volkstheater zur Einstiegsdroge werden kann, wie Nachtkritik so schön schrieb, aber auch gesetztere Herrschaften, die hier nicht vor den Kopf gestoßen werden. Diese „Edward II.“-Inszenierung ist handwerklich gelungenes, unterhaltsames Theater, auch wenn es die Handbremse angezogen lässt und kein so wilder Ritt durch die Popkultur ist, wie sie Pinar Karabulut, Hausregisseurin der benachbarten Münchner Kammerspiele, in ihrer Lockdown-Web-Soap für das Schauspiel Köln inszenierte.
Bilder: Arno Declair