Everything Everywhere All At Once

Wie eine typische Sundance-Komödie beginnt „Everything Everywhere All At Once“: die ersten Szenen, in denen die Waschsalon-Betreiberin Evelyn (Michelle Yeoh) über den Belegen für die Steuer-Erklärung schwitzt und grübelt, wie sie dem konservativen Opa (James Hong), der gerade aus China zur großen Familienfeier angereist ist, die neue Flamme ihrer lesbischen Tochter Joy (Stephanie Hsu) möglichst schonend beibringen soll. Wer sich im Kinosessel zurücklehnt und erwartet, dass der Film in den vergnüglich-entspannten Bahnen einer Tragikomödie wie z.B. „The Farewell“ verläuft, wird schnell eines Besseren belehrt.

Als Evelyn der strengen Finanzbeamtin Deirdre Beaubeirdra (Jamie Lee Curtis) gegenübersitzt, scheint ihre Ehe mit Waymond (Ke Huy Quan) in die Brüche gegangen und auch die wirtschaftliche Existenz ruiniert. Doch in den restlichen zwei Stunden nach der Exposition zünden die beiden Daniels, wie sich das kalifornische Regie-Duo Dan Kwan und Daniel Scheinert nennt, ein temporeiches Feuerwerk an Gags, Filmzitaten und Parodien. Furios rechnen sie vor allem mit zwei Genres ab: den Wuxia-Filmen, mit denen Michelle Yeoh ihre Karriere begann, bevor sie zum Bond-Girl wurde, und den Multiverse-Blockbustern wie zuletzt der öden Aneinanderreihung kruder Marvel-Szenen „Doctor Strange in the Multiverse of Madness“, die wesentlich schwächer als der Vorgänger-Film war.

Michelle Yeoh als Evelyn Wang in „Everything Everywhere All At Once“

„Everything Everywhere All At Once“ hatte im März beim Indie-Festival South by Southwest in Texas Premiere und startete Ende April in den deutschen Kinos. Sprühend vor witzigen Ideen, manchmal aber auch hemmungslos albern, schlagen die beiden Daniels ihre Haken. Den Film tragen die beiden Stars Michelle Yeoh und Jamie Lee Curtis, die sich im einen Universum einen Kleinkrieg um die Abrechnungsbelege liefern, im übernächsten Universum aber als lesbisches Paar mit überdimensionalen Wurst-Fingern statt Händen zärtlich verbunden sind.

Auch wenn nicht jeder Gag sitzt, ist „Everything Everywhere All at Once“ ein erfrischender und mutiger Film, der das Kino-Publikum zum Lachen bringt und lustvoll mit Genres und Zitaten spielt.

Fast ein Jahr nach der Premiere durfte sich der Film auch über zwei Golden Globes freuen: Michelle Yeoh wurde als beste Komödien-Hauptdarstellerin ausgezeichnet und Ke Huy Quan als bester Nebendarsteller. Noch erfolgreicher schnitt „Everything Everywhere All at Once“ bei der Oscar-Verleihung: dort räumte die temporeiche Komödie sieben Trophäen ab, nämlich die Preise in der Königskategorie als bester Film, für die beste Regie, die beste Hauptdarstellerin Michelle Yeoh sowie die besten Nebendarsteller*innen Ke Huy Quan und Jamie Lee Curtis, für das beste Originaldrehbuch und den besten Schnitt.

Bilder: A24

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