Navy Blue

Ganz in Blau, wie der Titel verspricht, sind die 12 Tänzer*innen auf der Bühne im Haus der Berliner Festspiele. Ihre Arbeiterkluft, in die sie gesteckt, erinnert an den maoistischen Einheits-Look. Traumverloren und schwermütig sind die Klänge aus Sergej Rachmaninoffs 2. Klavierkonzert in c-Moll. Düster – fast ganz in Schwarz getaucht – ist auch das Bühnenbild.

Vor der Uraufführung ihrer neuen Choreographie beim Kampnagel-Sommerfestival war einiges über die Hintergründe zu lesen. Oona Doherty litt ab 2019 einer Depression, als sie dieses Stück vorbereitete. Auch Rachmaninoff litt unter einer Schaffenskrise und depressiven Schüben, als er sein Klavierkonzert 1900/01 komponierte. Dieses Werk entdeckte sie in der Isolation des Corona-Lockdowns für sich. Von der Verzweiflung und der Schwermut ist an diesem einstündigen Abend viel zu spüren.

Oft gerät die neue Inszenierung von Doherty, die mit Hard to be Soft – A Belfast Prayer, einer Reflexion über den jahrzehntelangen Nordirland-Konflikt eine Überraschung bei Tanz im August 2019 landete und im vergangenen Jahr bei der Tanzbiennale in Venedig mit einem Silbernen Löwen ausgezeichnet wurde, gefährlich nah an plakativen Kitsch. Schüsse hallen aus dem Dunkel, die Performer*innen lassen sich mit schmerzverzerrten Gesichtern allzu theatralisch fallen.

Vom Band kommen Texte, die Oona Doherty mit Bush Moukarzel verfasst hat, bevor zum Schlussteil ein anderer Sound dominiert: zur Elektro-Musik von Jamie XX, der für seine melancholischen Songs bekannt ist, kommt neues Leben in die Performer*innen. Nach der Klima-Apokalypse zucken sie sich langsam und mit leichtem Hoffnungsschimmer aus der Schwermut heraus. Sie streben nach körperlicher Nähe und umarmen sich. Auch hier bleibt das Stück leider plakativ.

Bild: Sinje Hasheider

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