Undine geht

„Ihr Menschen, ihr Ungeheuer“ klagen Carolin Haupt und Renato Schuch an. Sie bilden ein androgynes Doppelwesen im pinken Partner-Look. Still und konzentriert beginnt die „Undine geht“-Inszenierung im Studio der Schaubühne. Nur selten werden ihre Stimmen etwas lauter, wenn sich das eingangs zitierte Leitmotiv wieder Bahn bricht.

Zwischen transparenten Vorhängen (Bühne: Ulla Willis) wechselt das Duo oft die Positionen, spricht von den Seiten auf das Publikum ein und lässt das Gesagte in zahlreichen Loops nachhallen. Schaubühnen-Regieassistentin Christina Deinsberger findet in ihrer ersten eigenen kleinen Arbeit am Haus eine interessante Entsprechung für die nachdenklichen, leisen Töne von Ingeborg Bachmanns „Undine geht“, der letzten Erzählung ihres Bandes „Das dreißigste Jahr“ (1961).

Carolin Haupt, Renato Schuch

Doch in der Mitte des 75 Minuten kurzen Abends gibt es einen merkwürdigen Bruch: Ritter-Slapstick und Comedy konterkarieren die nachdenkliche Stimmung des Beginns. Der Abend wird unerwartet laut und grell, bevor er kurz vor Schluss wieder in die ursprüngliche Tonlage wechselt.

Ingeborg Bachmanns „Undine geht“ war auch eine Inspiration für Christian Petzold, wie er 2020 in mehreren Interviews über seine filmische Annäherung an die Meerjungfrau-Mythen-Figur aus der Romantik im Berlinale-Wettbewerb sagte. Dieser Text im typisch-tastenden Sound der österreichischen Dichterin ist den meisten wohl weniger bekannt als ihre Lyrik oder ihre Romane und ist ein guter Stoff zum Experimentieren und Ausprobieren für die Studiobühne.

Bilder: Thomas Aurin

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