Les Amandiers

Valeria Bruni Tedeschi, arrivierte Schauspielerin mit einiger Regie-Erfahrung, erinnert sich in ihem Film „Les Amandiers“ an ihre Zeit an der Schauspielschule im Pariser Vorort Nanterre, die an das Théâtre des Amandiers angedockt ist.

Der Film beginnt als sympathische Milieustudie. Die Zuschauer werden mitten hineingeworfen in ein Vorsprechen, bei dem übermotivierte Neulinge verzweifelt versuchen, einen der wenigen Studienplätze zu ergattern. Wie in vielen anderen Filmen dieses Genres erleben wir Frust, Enttäuschung und Jubel, Flirts und sexuelles Experimentieren zwischen den jungen Erwachsenen und die Proben zu Tschechows „Platonow“.

Deutliche Kritik übt der Film am Habitus der Regie-Legenden, die das europäische Theater in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts prägten. Überzeugt von ihrer eigenen Bedeutung, in manchen Fälle sogar ihrer eigenen Genialität, ließen sie kaum Widerspruch und bügelten jede Diskussion ab. Ein Vertreter dieser Spezies scheint Patrice Chéreau gewesen sein, wenn man Regisseurin und Drehbuchautorin Bruni Tedeschi glauben darf. Bereits als 15jähriger wurde er als Wunderkind gefeiert, spätestens seit seinem Bayreuther Jahrhundert-Ring von 1976 war er eine lebende Legende. Louis Garrel verkörpert Chéreau als strengen Patriarchen, über dessen Marotten sich die Studenten hinter seinem Rücken lustig machen.

In der zweiten Hälfte des Films bricht die AIDS-Krise in die spielerische Idylle ein. Da fast jeder hier schon mal was mit fast jeder oder jedem hatte, bangen die Figuren, ob auch sie sich nach infiziert haben. Überfrachtet wird der Film durch den Tod des Liebhabers der Hauptfigur, der zwischen Drogenrausch und Eifersucht längst die Bodenhaftung verloren hat.

„Les Amandiers“ zeigt vielversprechende Ansätze einer nostalgisch angehauchten Zeitreise in die Jugend einer bekannten Protagonistin der französischen Kinolandschaft. Valeria Bruni Tedeschi gelang es jedoch nicht so recht, alle angetippten Themen und Erzählstränge zu einem schlüssigen Panorama zu bündeln. Dementsprechend ging der Film bei seiner Premiere im Cannes-Wettbewerb 2022 auch leer aus.

Nach dem Filmfest München nahm ihn Ende des Jahres auch die Französische Filmwoche in ihr Programm, ein regulärer Kinostart-Termin unter dem Verleih-Titel „Forever Young“ folgt am 17. August 2023.

Bild: Jerome Prebois

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert