72 days

Gut vernetzt im Festival-Zirkus ist das estnische Duo Ene-Liis Semper & Tiit Ojasoo. Mit ihrer neuen Arbeit „72 Days“ feierten sie an diesem Wochenende Deutschland-Premiere am Thalia Theater Hamburg, wo sie im vergangenen Jahrzehnt auch schon einige Arbeiten fürs Repertoire inszeniert haben.

Der Titel markiert laut Programmheft den Probenzeitraum, spielt aber auch auf ein Projekt der amerikanischen Reporterin und Investigativ-Journalistin Nellie Bly an, die 1889 die Weltreise der Protagonisten aus dem Roman von Jules Verne im Auftrag der „New York World“ nachahmte und mit 72 Tagen, 6 Stunden, 11 Minuten einen Rekord aufstellte.

Dieses Hintergrundwissen ist für das Gastspiel in der Gaußstraße nicht notwendig. Die Pop-Revue, die das Duo mit elf jungen Frauen von der Estonian Music and Theatre Academy, Tallinn einstudierte, ist ein schön choreographierter, aber etwas beliebiger Bilderbogen. Von der Selbstinszenierung der Generation Z auf Instagram und Co. über gestrandete Flüchtlinge im Mittelmeer bis zum Wohlstandsmüll, der die Bühne phasenweise fast komplett überwuchert, zum Schluss feinsäuberlich weggeräumt wird, werden viele Motive und Szenen angetippt. Musikalisch wirkt der Soundtrack von Klassikern wie „Je t´aime“ von Jane Birkin und Serge Gainsbourg bis zu aktuelleren Songs ähnlich beliebig.

Bild: Tiit Ojasoo

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