Calls from Moscow

Mit dem Krieg in der Ukraine befassen sich einige Filme quer durch die Sektionen, z.B. das Selenskij-Porträt „Superpower“ von Hollywood-Star Sean Penn oder die Doku „Iron Butterflies“ über die Fake-News rund um den Absturz von MH-17 im Sommer 2014.

Die Mikroperspektive wählt Luis Alejandro Yero in seinem Debütfilm „Llamadas desde Moscú/Calls from Moscow“: er begleitete einige kubanische Queers im Februar 2022, als Wladimir Putin nach jahrelangem Stellungskrieg im Osten der Ukraine den Angriff auf Kiew befahl.

Die flamboyanten jungen Männer, die es im Moskauer Alltag unter dem queerfeindlichen Regime sicher enorm schwer haben, telefonieren mit Angehörigen und Freunden in der Heimat. Plötzlich ist Russland nach den Sanktionen des Westens isoliert, Flugverbindungen gekappt.

In die Momentaufnahmen lappt die Politik immer wieder hinein: einer berichtet, wie die Sicherheitskräfte einen Protest von Oppositionellen sofort niederschlugen, ein anderer erzählt von seinen Erfahrungen mit Korruption und Polizei-Willkür, ein dritter erklärt seinem Gesprächspartner beiläufig, dass im verschneiten, kalten Moskau alles ruhig sei und man vom Krieg, dem Putin nur „Spezialeinsatz“ nennt, nichts mitbekomme.

Ansonsten gehen sie ihrem jeweiligen Alltag nach: lernen Russisch mit einem Smartphone-Programm, verticken dubiose Potenzmittel via Callcenter nach Lateinamerika oder lassen sich von Motivations-Ratgebern berieseln.

Dieses Nebeneinander von Ausnahmezustand und Alltag ist der Kern der Doku „Calls from Moscow“, die in der Nische des Berlinale-Forums präsentiert wird.

Bild: María Gracia Goya

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