Zum Glück konnte Salman Rushdie seinen Roman „Victory City“ abschließen, bevor er im August 2022 Opfer eines Attentats in New York wurde und nur knapp überlebte. 33 Jahre lang lebte er unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen, seitdem der iranische Revolutionsführer eine „Fatwa“ wegen seines angeblich blasphemischen Buches „Die satanischen Verse“ gegen Rushdie verhängt hatten.
Bernhard Robben, sein langjähriger Übersetzer, und Daniel Kehlmann, ebenfalls in New York lebender Kollege und Freund, tauschten sich zu Beginn dieser Veranstaltung im Berliner Ensemble darüber aus, wie sie die Nachricht erhielten und es zunächst kaum glauben konnten: nach so vielen Jahren, in denen nichts passiert war, schien langsam die Gefahr gebannt.
Ob es ein Einezeltäter war, der sich als „lone wolf“ radikalisierte, oder ob doch Hisbollah oder das iranische Regime Drahtzieher des versuchten Mordanschlags waren, bleibt bis heute Spekulation. Ein Auge hat Rushdie verloren. Erstaunlich gut hat er sich von dem Anschlag wiederholt, wie das Publikum des Literaturfestivals per Zoom-Schalte aus seiner New Yorker Haus-Bibliothek ins BE feststellen konnte.
Cynthia Micas, die hier ansonsten als Polly Peachum in der „Dreigroschenoper“ zu erleben ist, las einige Passagen aus der Übersetzung aus seinem neuen Roman „Victory City“: was sich zunächst sehr nach eskapistischer Fantasy aus Südindien anhört, hat doch einen realen Hintergrund, den sich auch so belesene Menschen wie Übersetzer Robben ergoogeln mussten. Rushdie fabuliert über Aufstieg und Fall des Hindu-Reiches Viajayanagara (1343 und 1565) und spielt mit feministischen Motiven.
Knapp eine halbe Stunde dauerte die Video-Schalte mit Rushdie, noch intensiver waren die Gesprächsrunden von Robben/Kehlmann davor und danach. Letzterer wird auch im Oktober die Laudatio in der Paulskirche halten, wenn Rushdie der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels verliehen wird.
Bilder: Charlotte Kunstmann