Die Zofen

Mit zwei großen Showtreppen rahmte Jessica Rockstroh die Bühne zum Spielzeitauftakt des Münchner Volkstheaters: Weniger Glamour wäre dieser blonden Diva auch nicht zuzumuten gewesen. Silas Breiding zelebriert seinen ersten Auftritt auf High Heels und in eleganter Abendrobe. Für seine Pole Dance-Einlage, die er mit Jemima Rose Dean einstudierte, erntete er wie schon bei der Premiere im September auch während der Silvester-Vorstellung Szenen-Applaus.

Breiding ist in der Rolle der „Gnädigen Frau“ der Star der Inszenierung von Lucia Bihler und wurde gerade erst von der Münchner Abendzeitung als bester Schauspieler des Jahres in einer Stadt ausgezeichnet, die mit Residenztheater- und Kammerspiele-Ensembles hochkarätige Konkurrenz zu bieten hat. Mit jeder Geste macht Breidings Diva klar, dass sie in der Hierarchie weit über den beiden Zofen steht. Gönnerinnenhaft kann sie es sich leisten, ihre alten Kleider zu verschenken, ihre Gunst aber ebenso schnell wieder zu entziehen.

Der Abend wäre aber natürlich nicht rund, wenn nicht auch Lukas Darnstädt und Jakob Immervoll in den Rollen der Zofen Solange und Claire überzeugende Leistungen bieten würden. Die Regisseurin Bihler, die für formstrenge Korsette und sehr stilisierte Regiezugriffe bekannt ist, lässt den Schauspielern den nötigen Freiraum, zu brillieren. In Abwesenheit der Grande Dame verstricken sich die beiden Schwestern/Zofen in dem Ritual, mit dem sie die Klassenschranken spielerisch immer wieder außer Kraft setzen und sich in Mord- und Rachephantasien hineinsteigern.

Die im Mai erstmals zum Theatertreffen eingeladene Regisseurin hält sich diesmal stärker zurück und erliegt nicht der Versuchung, dem Stoff ihren Regie-Stempel aus grell-stilisierten Farben, Loops und häufigen Schwarzblenden aufzudrücken. Darunter litten einige ihrer letzten Arbeiten. Mit den „Zofen“ von Jean Genet hat sie einen Stoff gefunden, der hervorragend zu ihrer Herangehensweise passt. Auch wenn sie sich diesmal zurückhält, schimmert die typische Bihler-Handschrift durch: die Münchner „Zofen“ sind ihre aus meiner Sicht bisher beste Inszenierung.

Im Zentrum stehen ganz klar die Schauspieler. Bihlers bewährte Kostüm-Bildnerin Leonie Falke kleidete sie in lasziv-elegante Drag-Kreationen, die den Abend zu einem Theater-Fest machen.

Bilder: Sebastian Arlt

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