In Großaufnahme fängt Frank van den Eedens Kamera jede Träne, die über die Wangen des Hauptdarstellers Cillian Murphy kullert. Wenn seine Figur Bill Furlong mal nicht weint, starrt er mit glasig-trauerumflortem Blick ins Ferne, grübelt über seine unglückliche Kindheit oder führt mit seiner Frau Eileen (Eileen Walsh) holzschnittartige Dialoge.
Nein, dieser Eröffnungsfilm der Berlinale 2024 ist kein großer Wurf. Der belgische Regisseur Tim Mielants, der in der Filmbranche noch recht unbekannt ist und mit Murphy bereits in der dritten Staffel, von „Peaky Blinders“ zusammenarbeitete, adaptierte den Historienroman „Small Things ilke These“ von Claire Keegan, der eher eine Novelle ist und 2022 auf der Shortlist für den Booker Prize stand. Buch und Film erzählen von den Magdalenenheimen katholischer Nonnen, die bis 1996 in Irland für die „Buße und Besserung“ schwanger gewordener, unverheirateter junger Frauen Sorgen sollte.
Mit großen Augen erlebt der Kohlenhändler Bill Furlong mit, wie die verängstigten Frauen wimmern und ihn anflehen, sie aus dieser katholischen Hölle herauszuholen. Ein fraglos wichtiges Thema und ein ehrenwertes Anliegen, von diesem Leid zu erzählen. Aber „Small Things like These“ ist so überdeutlich ausgepinselt und sentimental, dass er auf ganzer Linie enttäuscht.
Immerhin brachte der Film etwas Hollywood-Glamour ins Berliner Februar-Grau: neben Cillian Murphy, der dem breiten Publikum spätestens seit seiner „Oppenheimer“-Titelrolle bekannt ist, gab sich auch Matt Damon die Ehre, der diesen Film koproduzierte.
Großer Gewinner des Eröffnungs-Abends ist die AfD: Durch das Hickhack um Ein- und Ausladung von der Eröffnungsgala bekam sie nicht nur reichlich Aufmerksamkeit und weiteres Material für ihr Opfernarrativ. Ihrer Fraktionsspitze blieben auch diese 96 Filminuten im Anschluss an die Eröffnungsreden erspart.
Zum Abschluss des Festivals durfte sich Emily Watson überraschend über den Silbernen Bären für die beste Nebendarstellerin freuen. Sie spielt Schwester Mary, die Leiterin dieser Besserungsanstalt.
Bild mit Cillian Murphy: Shane O´Connor