The Zone of Interest

Sandra Hüller war im vergangenen Jahr die Königin von Cannes. Sie war nicht nur das Zentrum des Justizdramas „Anatomie eines Falls“ von Justine Triet, das die Goldene Palme gewann, sondern auch die Hauptdarstellerin von „The Zone of Interest“ von Jonathan Glazer, der mit dem Grand Prix der Jury den zweitwichtigsten Hauptpreis gewann.

In der Rolle der Hedwig Höß flaniert sie durch den akkurat gestutzen Garten, den sie innerhalb von drei Jahren auf Brachland zum Blühen brachte, und präsentiert ihrer Mutter (Imogen Kogge) stolz die verschiedenen Obst- und Gemüsesorten. Ganz mit sich und der Welt im Reinen plaudern die beiden vor sich hin und streifen auch ganz beiläufig das Schicksal der jüdischen Nachbarin. Ob sie wohl jenseits der Mauer dort drüben gelandet ist? Gleich landet das Gespräch aber wieder bei den Gärtnerinnen- und Hausfrauen-Themen, die die beiden wesentlich mehr interessieren.

Dies ist die zentrale Szene des Historien-Films „The Zone of Interest“, der sehr frei auf Motiven des gleichnamigen Romans von Martin Amis basiert und dem Leben von Rudolf und Hedwig Höß nachempfunden ist. Die beiden waren eine Vorzeigefamilie wie aus dem Bilderbuch-Katalog der Nazi-Propaganda, genossen die Idylle mit ihren vielen Kindern auf dem Land, während der Familienvater gleich hinter der Grundstücksmauer eines der schlimmsten Verbrechen der Menschheitsgeschichte orchestrierte. Höß war dafür verantwortlich, das fabrikmäßige Morden an Juden noch effizienter zu gestalten und die Waggonladungen in möglichst schnellem Takt auf die Gaskammern zu verteilen.

Sandra Hüller als Hedwig Höß

Während Hedwig die Sonne genießt, einen Pelz eines Holocaust-Opfers anprobiert und mit ihren Freundinnen (z.B. gespielt von Marie Rosa Tietjen) beim Kaffeeklatsch sitzt, gellen auf der Tonspur im Hintergrund immer wieder Schreie, fallen Schüsse oder bellen Hunde. Unaufhörlich qualmen die Schornsteine der Tötungsfabriken und Verbrennungsöfen.

Diesen sehr plakativen Gegensatz pinseln der britische Regisseur Glazer und sein Hauptdarsteller-Duo Sandra Hüller und Christian Friedel als Ehepaar Höß aus. „The Zone of Interest“ ist bei weitem nicht so facettenreich wie „Anatomie eines Falls“, aber durchaus sehenswert.

Der Film ist für 5 Oscars nominiert, darunter auch in der Königsklasse als bester Film, und startet am 29. Februar 2024 in den deutschen Kinos. Am Ende gab es immerhin zwei Oscars: als bester fremdsprachiger Film und für den besten Ton.

Bild: Leonine

 

 

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