ja nichts ist ok

Hilferufe gellen aus dem Off. Kurz danach spielt Fabian Hinrichs als zerrissene Figur das Personal einer WG, das sich gegenseitig würgt und am Pool zu ertränken versucht. Es sind noch keine fünf Minuten vergangen, da ritzt sich Hinrichs mit viel Kunstblut die Pulsadern auf.

„Geht es Dir gut?“ fragten sich René Pollesch und Fabian Hinrichs, die seit vielen Jahren als Co-Autoren und Co-Regisseure ihrer Abende firmieren. Das war im März 2022, als die Gesellschaft nach langen Pandemie-Jahren mit dem nächsten Krisen-Schock, dem Überfall auf die Ukraine und den explodierenden Rohstoffpreisen, konfrontiert war. Weitere knapp zwei Jahre später fällt die Antwort von Pollesch/Hinrichs eindeutig aus: „ja nichts ist ok“. Selten gibt es Abende, die sich so tief in ihre Depression und Verzweiflung eingraben.

Fabian Hinrichs im Bühnenbild von Anna Viebrock

Gedanken an den Tod sind in diesem Stück allgegenwärtig. Zum Schluss wird Hinrichs von einer Gruppe aus Statistinnen und Statisten begraben. Durchaus liebevoll legen sie sich über ihn, nachdem sie sich alle namentlich vorgestellt haben, und hüllen ihn mit ihren Körpern ein, so dass er seinen Schmerz und seine Verzweiflung nicht länger ertragen muss.

Zwei Wochen nach der Premiere kam die Nachricht vom Tod des Intendanten und Co-Regisseurs René Pollesch. Diese Todesszene war unwiderruflich die letzte Szene der langen, produktiven Zusammenarbeit mit Fabian Hinrichs. So wurde dieser „ja nichts ist ok“-Abend zum Vermächtnis und Endpunkt. Doch was hätte nach diesem bitteren Verzweiflungsabend noch kommen können, der zwischendurch bei flachen Witzen aus Kinderbüchern und der Boulevard-WG-Typenkomödie Zuflucht sucht, weil die Themen Tod, Schmerz und Einsamkeit, die im Zentrum des Schreibprozesses standen, sonst noch schwerer auszuhalten gewesen wären?

Bilder: Thomas Aurin

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