Doping

Der geschniegelte Jungpolitiker mit Fönfrisur drischt bei der Kundgebung typische FDP-Parolen. Lütje Wesel, Vorsitzender des Ortsverbands Wenningstedt-Braderup, Listenplatz 1 für die Kommunalwahl. Diese Karikatur einer neoliberalen Nachwuchshoffnung verkörpert Vincent Redetzki. Unter den wohlwollenden Blicken seines Mentors und Ortsverbands-Schatzmeisters Ole Hagenfels-Jefsen-Bohn (Stefan Merki) ereilt ihn ein unschönes Problem: Er nässt sich ein. Es lässt sich erahnen, dass Nora Abdel-Maksoud, Autorin und Regisseurin von „Doping“ in diesen 95 Minuten mit dem Holzhammer hantiert.

Mit zappeligem Slapstick kämpft sich das Ensemble durch die beiden äußerst plakativen Handlungsstränge: Lütje und seinen Parteifreunden wird drastisch vor Augen führt, welche Konsequenzen das neoliberale Privatisierungsmantra im Gesundheitssystem haben kann. Auch für jene, die sich eben noch stark und unverwundbar wähnten, wird die Versorgung unsicher.

Die FDP-Leute geraten an den Aussteiger Dr. Bob (Wiebke Puls in Hosenrolle und im breiten Slang ihrer Husumer Heimat), der sich an Naturheilverfahren versucht, und seiner Assistentin Gesine (Eva Bay), die auf einem maroden U-Boot Patienten versorgen. Bay ist seit Jahren die engste künstlerische Mitarbeiterin von Abdel-Maksoud, ihre Figur macht ihrem Partner Vorwürfe, dass die gesamte Care-Arbeit an ihr hängen bleibe. Das beeindruckt Jagoda Hagenfels-Jefsen-Bohn (Şafak Şengül), Listenplatz 2, Tochter des örtlichen FDP-Strippenziehers und bis dato entschiedene Gegnerin von Quoten, so sehr, dass sie die Seiten wechselt und dem Patriarchat vorne an der Rampe in einer platten Ansammlung von Klischees die Leviten liest.

Nach ihrem Erfolg mit „Jeeps“, der es immerhin auf die Theatertreffen-Shortlist 2022 schaffte, ist Abdel-Maksouds neue Farce über Klassismus, Neoliberalismus und Geschlechtergerechtigkeit ein schablonenhafter Abend, der auf Abziehbilder eindrischt und wenig Witz hat.

Bild: Judith Buß

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