Malina

Das Neue Haus ist glücklicherweise nicht vom verheerenden Wasserschaden am Berliner Ensemble betroffen, so dass dort weiter gespielt werden kann. Die neueste Produktion ist dennoch sehr düster: Fritzi Wartenberg, die sich im vergangenen WORX-Jahrgang mit ersten Werkraum-Arbeiten, darunter Alias Anastasius, vorstellte, nahm sich einen Klassiker der feministischen Literatur vor. Ingeborg Bachmann erzählte in ihrem einzigen Roman vom Zusammenbruch einer Frau.

Die enormen Textmassen der Strichfassung verteilte die Regisseurin auf Spielerinnen aus drei Generationen: Maeve Metelka, die als gebürtige Wienerin in einer Szene auch die originale Sprachfärbung aus der Ungargasse, dem Schauplatz des Romans, einbringen darf, ist gerade im letzten Ernst Busch-Studienjahr. Neben ihr spielen im beigen Einheitslook aus Bob und Hornbrille die erfahrenen Ensemble-Mitglieder Constanze Becker und Josefin Platt.

Der 95minütige Abend hat mit dem üblichen Problem vieler Romanadaptionen zu kämpfen: fast ohne Dialoge prasseln Unmengen an Text auf das Publikum ein. Es handelt sich um das Selbstgespräch einer unglücklichen namenlosen Frau zwischen den Männern Ivan und Malina. Wesentliche Erzählstränge wie die Erinnerung an den Holocaust und die Schuld des Vaters wurden stark eingedampft, so dass manche Sätze ohne Kontext verloren wirken. Um so mehr konzentriert sich der Abend auf den feministischen Leidensweg.

Für die wenigen spielerischen Akzente in dieser wortlastigen Roman-Adaption sorgt der überdimensionale Telefonhörer, der Janina Kullmanns Bühne dominiert. Die drei Frauen, die auf die Anrufe von Ivan warten, turnen und krabbeln in ihrer Verzweiflung auf dem Apparat herum. Das sort für kurze „comic relief“-Momente in einer sehr düsteren, Konzentration fordernden Arbeit der jungen Regisseurin.

„Malina“ hatte am 27. März 2024 im Neuen Haus des Berliner Ensembles Premiere.

Bild: Jörg Brüggemann

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert