hildensaga. ein königinnendrama

Markus Bothes Inszenierung sucht während der ersten Hälfte orientierungslos nach der richtigen Form. Extreme stehen unverbunden nebeneinander: Ulrich Matthes deklamiert im hohen Tragödienton und in gewohnter Sprechkunst die Verse der drei Schicksalsgöttinnen, die als Nornen, kommentierend die Nibelungensaga begleiten. Auch das wuchtige Bühnenbild einer leicht geneigten Drehscheibe (Katharina Frosch) und die düstere Lichtregie (Matthias Vogel) lassen einen wuchtig-ernsten Abend erwarten. Doch als die Schar der Nibelungenkämpfer in Papagei-bunten Kostümen auf die Bühne stolpert, ist klar: Siegfried (Janek Maudrich) und seine Männer (Jonas Hien, Florian Köhler, Jeremy Mockridge, Andri Schenardi) sind nur Pappkameraden, die der Lächerlichkeit preisgegeben sind.

Zentrale Idee der Klassikerüberschreibung des gefragten österreichischen Autors, der unter dem Pseudonym Ferdinand Schmalz auftritt, ist, dass er einen entscheidenden Twist einbaut. Aus den Rivalinnen Brünhild (Svenja Liesau) und Kriemhild (Julischka Eichel) werden Komplizinnen, die sich verbünden und im Stil der „Biester“ von Claude Chabrol Rache an den Männern üben. Vor einem gewaltigen Drachen-Skelett wird die zweite Hälfte zur Stadttheater-Version einer Splatter-Version, der Abend erreicht damit aber wenigstens eine schlüssige Form.

Ulrich Matthes als Nornen

Mit fast drei Stunden hat der Abend doch einige Längen: Wann immer Matthes zu einem neuen Exkurs ansetzt und das Niveau hebt, ist die nächste alberne Szene der tollpatschigen Möchtegern-Helden nicht mehr weit. Schmalz schrieb diesen Text als Auftragswerk für die Nibelungenfestspiele in Worms, er machte überraschend Karriere und wurde landauf, landab z.B. am Münchner Volkstheater und Wiener Akademietheater nachgespielt, bevor er nun auf der großen Bühne des DT landete. Bothe bekam den Stoff bei seiner ersten Arbeit am Haus jedoch nicht richtig in den Griff. Am besten eignet sich der Text immer noch für den Zweck, für den er ursprünglich gedacht war: für ein Sommer-Event-Spektakel vor eindrucksvoller Dom-Kulisse mit hohen Schauwerten bei Kampf- und Tauchszenen, wie ihn der Berner Schauspieldirektor Roger Vontobel im Juli 2022 für die Wormser Nibelungenfestspiele inszenierte.

„hildensaga. ein königinnendrama“ hatte am 28. März 2024 am Deutschen Theater Berlin Premiere

Bilder: Thomas Aurin

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