Kaum ein Haus musste in den vergangenen zwölf Monaten so viele kurzfristige Umbesetzungen stemmen wie das Deutsche Theater Berlin. Es ist schon fast eine Rarität, wenn eine Premiere planmäßig über die Bühne gehen kann. Auch bei Bastian Krafts queerer Drag-Revue „As you fucking like it“ musste Intendant Ulrich Khuon wieder mal vor den geschlossenen Vorhang treten und verkünden: Für den erkrankten Helmut Mooshammer wird gleich der Regisseur selbst im rosa Kleid einspringen.
Nach einander begrüßt uns eine vierfache Rosalinde aus der Shakespeare-Komödie „Wie es euch gefällt/As you like“. Sie setzen das Cross-Gender-Verwirrspiel aus dem elisabethanischen Zeitalter konsequent fort. Damals durften bekanntlich nur Männer auf die Bühne, auch alle Frauenrollen mussten von ihnen übernommen werden. Kraft und Caner Sunar treten in Rüschenkleidchen auf, aus Sunars Dekolleté sprießt dichte Brustbehaarung. Ihre Kolleginnen Lisa Hrdina und Regine Zimmermann begrüßen uns mit Fake-Schnurrbärten und in ausgepolsterten, breitbeinigen Hosen.
Überraschend nah bleibt der Abend nach diesem Intro bei der schon recht angestaubten Vorlage. Das Ensemble steigt zwar immer wieder aus den Rollen aus, viele Szenen werden mit vorproduziertem Video-Material ironisch gespiegelt, aber im Kern erleben wir das Liebeswirrwarr, das auf einer zu Shakespeares Zeit sehr angesagten Schäferroman-Schmonzette basiert. Dies führt zu einigen Längen und dramaturgischen Tälern.
Großen Jubel gab es jedoch für das alternative Ende: statt wohlgefälliger Auflösung in tradierte Heteronormativität bieten Kraft und seine Mitstreiter*innen ein queeres Empowerment. Der von Hollywood weichgespülten Botschaft der mit sieben Oscars überhäuften Historien-Schnulze „Shakespeare in Love“ (1997) werfen sie vor, dass der über #metoo-Skandale gestolperte, damals als Tausendsassa gefeierte Harvey Weinstein und seine Hauptdarstellerin Gwyneth Paltrow die Verhältnisse nur zementierten. Caner Sunar, der schon in Bastian Krafts Drag-Revue „ugly duckling“ ein zentraler Protagonist war, erinnerte sich zu Beginn der Show an seine Kindheit, als Paltrow für ihn eine Ikone war und er mit pinkem Handtuch heimlich vor dem Spiegel ihren Oscar-Auftritt imitierte. Doch heute, knapp 25 Jahre später, macht das DT-Ensemble deutlich: damals wurde vor allem das Bekenntnis zur Heterosexualität prämiert. Dem setzen die vier ein launig vorgetragenes, dennoch kraftvolles Plädoyer für queere Vielfalt entgegen.
Trotz mancher unterhaltsamer Momente bleibt nach knapp 100 Minuten der Eindruck, dass die Berliner „As you fucking like it“-Revue hinter Bastian Krafts letzten Münchner Drag-Inszenierungen zurück bleibt: sie surft nicht so elegant zwischen Vorlage und Meta-Ebenen wie seine „Lulu“ im Marstall und sie ist auch kein so rasantes Gag-Feuerwerk wie seine „Was der Butler sah“-Boulevard-Theater-Hommage/Persiflage, die vom Marstall auf die große Residenztheater-Bühne umziehen durfte.
Bild: Arno Declair