Als grell geschminkte Horrorclowns kommen die sieben Mitglieder des Exil Ensembles, die aus Syrien, Palästina und Afghanistan nach Berlin geflüchtet sind, auf die Bühne. Minutenlang bieten sie Pantomime und Slapstick, die sich leitmotivisch auch durch die kommenden 75 Minuten ziehen. Leider sind manche Szenen reichlich platt geraten: die Penetrationsversuche mit einem zur Penisattrappe mutierten Luftballon wirken reichlich abgedroschen.
Mit verfremdeter, Mickey Mouse-artiger Stimme krächzt Mazen Aljubbeh „Heiner Müller“ und „Hamletmaschine“. Seine düsteren, bleischweren Assoziationen zu Shakespeares Klassiker und das Versagen der Intellektuellen, die das Orakel von Ost-Berlin 1977 zu Papier brachte, werden auf schwarze Gaze projiziert, die auf der ansonsten leeren Bühne aufgespannt ist.
Regisseur Sebastian Nübling und das Exil Ensemble belassen es aber nicht dabei, sondern türmen noch weitere Mythenüberschreibungen und Texte darauf, die aus der Feder des Müller-Kenners und Oberspielleiters Ayham Majid Agha stammen. Fast so hermetisch und raunend wie sein Vorbild verknüpft er biblische Motive (den Brudermord von Kain und Abel) mit Figuren aus griechischen Tragödien (Agamemnon, Elektra) mit dem blutigen Bürgerkrieg in Damaskus.
Das ist alles ungeheuer anspielungsreich und packt in einen Bruchteil der Zeit noch mehr unterschiedliche Stoffschnipsel als ein Castorf-Abend. Als intellektuelles Gedankenspiel ist das anregend und lädt dazu ein, den Fährten und kulturgeschichtlichen Bezügen nachzuspüren, von denen Mounia Meiborg im Kulturradio einige entschlüsselte. Die mehrfache Überschreibung funktioniert aber als Lektüre wesentlich besser als auf der Bühne.
Eingeklemmt zwischen den schroffen, apodiktischen Textbrocken und den oft sehr albernen, als Kontrapunkte gesetzten Einlagen der Clowns, die natürlich auch auf eine Müller-Zeile anspielen („Zweiter Clown im kommunistischen Frühling“), ächzt der Abend unter seiner Überfrachtung.
Bild: Esra Rotthoff