Roads

An seinen herausragenden, ohne Schnitt gedrehten Berlinale-Hit „Victoria“ (2015) kann Sebastian Schipper mit seinem neuen Film „Roads“ leider nicht anknüpfen. Das liegt vor allem am zu seicht ausplätschernden Ende, das als Sozialdrama im Flüchtlingslager in Calais angelegt ist.

Überzeugend ist das Zusammenspiel der beiden Hauptdarsteller im ersten Teil: In Marokko treffen der 18jährige Brite Gyllen (gespielt von Jungstar Fionn Whitehead, der mit „Dunkirk“ von Christopher Nolan bekannt wurde) und dem fast gleichaltrigen kongolesischen Flüchtling William (verkörpert vom französischen Stand-up-Comedian Stéphane Bak) zufällig aufeinander. Als Gyllen vom Familien-Urlaub die Nase voll hat, aber das „geliehene“ Wohnmobil seines Stiefvaters partout nicht anspringen will, rettet ihn William. Auf den ersten Kilometern entspinnt sich ein hübsch anzuschauender Mix aus Roadmovie und Coming-of-Age-Geschichte.

Die beiden Jungs, die aus völlig unterschiedlichen Welten kommen, beschnuppern sich und entwickeln langsam Sympathie füreinander. Von den begabten Hauptdarstellern ist das zu Indie-Musik von The Notwist toll gespielt. Auch Regisseur Schipper und sein Co-Autor Oliver Ziegenbalg (bekannt durch seine Buddy-Komödien „Friendship“ und „25 km/h“), den er erstmals ins Boot holte, sind hier in ihrem Element.

Gyllen (Fionn Whitehead) und William (Stéphane Bak)

Weniger gelungen ist die zweite Hälfte. Hier ist „Roads“ deutlich anzumerken, dass das Flüchtlingsdrama, wie Schipper in Interviews erzählte, erst spät auf die ursprüngliche, seit Jahren schwelende Idee eines Roadmovies von zwei Freunden aufgepfropft wurde. Die nachgestellten Szenen von echten ehrenamtlichen Flüchtlingshelfern und Komparsen in den Rollen der Refugees sind zwar gut gemeint, aber wirken zu sehr aus dem Handbuch für ein politisch engagiertes Drama und als Fremdkörper im restlichen Film, als dass sie überzeugen könnten.

„Roads“ wurde beim Tribeca-Festival uraufgeführt und startete am 30. Mai 2019 im Kino.

Bild 1: Studiocanal GmbH / Eniac Martinez, Bild 2: Studiocanal GmbH

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