Im Theater hat sich Susanne Wolff rar gemacht. Ein Jahrzehnt war sie eine der prägendenden Spielerinnen in Ulrich Khuons Ensembles, zunächst am Hamburger Thalia Theater, ab 2009 am Deutschen Theater Berlin. Seit 2016 ist sie nur noch selten in Gastauftritten zu erleben, z.B. am Nationaltheater Weimar oder an der Volksbühne.
Bis zum Corona-Lockdown war „Ismene, Schwester von“, ein intensiver, einstündiger Monolog von Susanne Wolff in den Kammerspielen des Deutschen Theaters Berlin zu erleben: sie kroch aus dem Sarg der Ismene im Bühnenhintergrund und schleuderte im blauen Mao-Look den Hass auf ihre Schwester Antigone heraus.
Sieben Jahre nach der Premiere haben Jim Rakete, Regisseur Stephan Kimmig, Hauptdarstellerin Susanne Wolff und Nils Strunk (Musik und Kurz-Auftritt als Bewacher der Ismene) einen Theater-Film entwickelt, der bis 5. April auf dem YouTube-Kanal von radioeins abrufbar ist.
Der Plot wurde in die Gegenwart verlegt: Susanne Wolff steckt in der orangefarbenen Kluft eines Guantánamo-Häftlings, bekommt die Kapuze vom Kopf gezogen und sitzt in einem Bunker vor dem Mikro. Mit spöttischem Grinsen erzählt sie ihre Familiengeschichte, wie sehr sie darunter litt, dass sie immer eine Randfigur war und immer im Schatten ihrer heroischen Schwester Antigone stand. Den Hass auf die Schwester brüllt sie mehrfach ins Mikro. Meist bleibt sie aber ganz beherrscht, flüstert und deutet nur an.
Die Niederländerin Lot Vekemans hat den Monolog-Text geschrieben, den Susanne Wolff damals auf der Bühne und nun im Lockdown-Theater-Film performt: einen Text über die Frauenfigur Ismene, die sich nicht länger darauf reduzieren lassen will, dass sie nur die „Schwester. Von“ ist, nicht länger im Schatten stehen will und sich gegen den Vorwurf zur Wehr setzt, sie sei feige gewesen. Susanne Wolff zeichnet die Ismene, die in der Tragödie dres Sophokles nur einen kurzen Auftritt hatte, als selbstbewusste Frau, mit der man sich lieber nicht anlegen sollte, da sie austeilt und mit ihrem hämisch-überlegenen Grinsen eine gefährliche Gegnerin ist.
Bild: rbb/Jim Rakete Filmproduktion