clair obscur

Im Rahmen des Berliner Pilotprojekts kam einen Tag nach René Polleschs Rennfahrer-Boulevardkomödie „Goodyear“ gleich die nächste Aufführung zur Premiere: Als Hybrid aus Live-Performance vor wenigen getesteten Zuschauern in der Halle Tanzbühne und Live-Stream konzipierten Toula Limnaios und Ralf R. Ollertz einen rätselhaft-assoziativen Abend mit dem Titel „clair obscur“.

Der Clou dieser im Lockdown entwickelten Choreographie ist ihre gewitzte Antwort auf die Corona-Abstandsregeln. Vier Gaze-Vorhänge teilen den Raum, in jeder Box ist Platz für ein Paar. Oft sind die Tänzerinnen und Tänzer der Compagnie nur schemenhaft wie die Traumgestalten aus Sebastian Hartmanns „Der Zauberberg“-Live-Stream zu erkennen, bevor die Lichtregie (Felix Grimm/Dominik Engelmann/Jan Römer) aufblendet und sie wieder stärker in den Fokus nimmt.

Limnaios lädt zu einer einstündigen, meditativen Reise ein, einem Spiel aus Licht und Schatten, das bewusst für sehr viele Interpretationen offen ist und assoziativ mit Topoi aus der romantischen Literatur und Mythen spielt. Wer ihre Arbeiten schon länger verfolgt, erkennt auch in „clair obscur“ zentrale Motive wieder, z.B. die Doppelgänger, die auch ihren „isson“-Abend prägten. In den stärksten Momenten des kurzen Abends doppeln sich die Bewegungen hinter den einzelnen Gaze-Vorhängen punktgenau oder stellen sich alle Tänzer*innen in eine geraden Linie in der Sichtachse zwischen den beiden Zuschauerblöcken auf. Meist bricht sich aber die Individualität ihre Bahn. Das Auge hat Zeit, zwischen den abgetrennten Abteilen zu schweifen und zwischen unterschiedlichen parallel ablaufenden Soli zu wählen.

Nach den beiden Pilotprojekt-Hybrid-Abenden sind die nächsten Vorstellungen live vor Publikum für Anfang Juni geplant.

Bilder: cyan

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