Eye Candy und Rouge

Das hohe technische Niveau, auf dem Rambert London komplexe Chorepgraphien als Live-Stream anbietet, ist beeindruckend. Statt sich in ideologischen Grundsatzdebatten zu verheddern, ob ein Stream-Angebot nicht die zum heiligen Gral hochstilisierte „Kopräsenz“ verletze, wie es deutsche Theaterwissenschaftler und Regisseure so gerne tun, legt die britische Tanz-Szene einfach los und bietet auch im Sommer der Öffnungen erlesenen Seh-Genuss.

Simone Damberg Würtz und Guillaume Quéau in „Eye candy“

Im Summer Livestream zeigt das Rambert Ensemble an diesem Wochenende nach einer launigen Einführung, bei der Tänzerinnen und Tänzer beim Desinfizieren, beim Testen und beim Anlegen der Maske, also bei all den Covid-Hygiene-Regeln, die mittlerweile zum Alltag gehören, zwei kurze Choreographien.

Rambert Ensemble in „Eye Candy“

„Eye Candy“ der Geschwister Imre und Marne van Opstal spielt mit dem Thema Nacktheit in der Kunstgeschichte, zitiert biblische Motive wie Adam und Eva oder berühmte Skulpturen aus Antike und Renaissance. Nackt ist hier niemand auf der Bühne, stattdessen tragen die Tänzerinnen und Tänzer ähnlich wie in Bastian Krafts Travestie-Satire „Was der Butler sah“ Nacktanzüge, die erotische Blickfänge wie Waschbrettbäuche und Brüste ironisch ausstellen.

Rambert Ensemble in den Kostümen von Yann Seabra für „Rouge“

Nach einer Pause, die mit einem Interview mit dem Künstlerischen Direktor überbrückt wird, kommt das Ensemble im von Yann Seabra gestalteten KitKat-Outfit für „Rouge“ auf die Bühne. Der Choreographie von Marion Motin ist deutlich anzumerken, dass sie eine Expertin für Pop-Videos ist.

Rambert Ensemble in „Rouge“

Zu den Beats von Micka Luna und dem Lichtdesign von Judith Leray, die mit dem Halbdunkel und Rot-Tönen spielt, feiern die Rambert-Tänzer eine exzessive Party, die den klassischen Tanz gründlich entstaubt und Spinnweben wegfegt, wie eine Kritik nach der Bühnen-Premiere im Frühjahr 2019 schrieb.

Bilder: Camilla Greenwell

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