Drive my car

Ryusuke Hamaguchi, bis vor kurzem noch ein Geheimtipp, ist der Festivalliebling des Jahres 2021: bei der Berlinale bekam er für „Wheel of Fortune and Fantasy“, ein vielschichtiges Triptychon und einen der besten Filme eines ansonsten durchwachsenen Jahrgangs, den Großen Preis der Jury.

Anschließend wurde er gleich nach Cannes eingeladen und durfte sich über die Silberne Palme für das beste Drehbuch freuen. Fast drei Stunden dauert das neue Werk des japanischen Regisseurs. Skurrilerweise basiert das Epos auf einer Kurzgeschichte seines Landsmanns Haruki Murakami, die 2014 im Band „Von Männern, die keine Frauen haben“ basiert.

In der Tonlage ist „Drive my car“ ganz anders als „Wheel of Fortune and Fantasy“: nicht so leichtfüßig und gewitzt, sondern sehr elegisch und grüblerisch. Dies hat der Film mit Anton Tschechovs „Onkel Wanja“ gemeinsam, denn eine Theateraufführung dieses Klassikers auf einem Festival in Hiroshima bildet den Rahmen dieses Films.

Dorthin reist der Regisseur Yūsuke Kafuku (Hidetoshi Nishijima), der den Tod seiner Frau Oto (Reika Kirishima) noch nicht verwunden hat. Prompt stößt er dort auf den exzentrischen jungen Schauspieler Kōji Takatsuki (Masaki Okada), dem er die Hauptrolle anvertraut und der ein Liebhaber seiner Frau war. Auf den langen Autofahrten mit seiner Chauffeurin Misaki Watari (Tōko Miura) lauscht der Regisseur den von seiner verstorbenen Frau gesprochenen Tonband-Aufnahmen des „Onkel Wanja“, räsoniert über das Leben und ihren Tod.

„Drive my car“ ist ein überlanger, kunstvoll gemachter Film, bei dem vor allem Tschechow-Fans und Freunde grüblerisch-selbstverliebten Kinos auf ihre Kosten kommen. Für alle anderen wird der Film jedoch zu einer Geduldsprobe, weil die Selbstbespiegelung oft zu redundant ausgepinselt ist.

Bereits Anfang Dezember wird „Drive my Car“ beim Festival „Around the World in 14 films“ in Berlin zu sehen sein. Der Kinostart ist für die Weihnachtswoche geplant. Im Jahr 2022 setzte sich der Siegeszug von „Drive my car“ fort: der Film bekam den Golden Globe und den Oscar für den besten fremdsprachigen Film.

Bilder: Rapid Eye Movies

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert