Oasis de la Impunidad

Alle paar Jahre schlägt die chilenische Gruppe „Teatro La-Resentida“ beim FIND-Festival an der Schaubühne und hat dabei besonders drastisches Theater im Gepäck.

Die Berliner Theaterlandschaft hat sich im Moment recht gemütlich eingerichtet: oft gesehene, vertraute Teams zeigen die x.-te Variante ihrer bekannten Ästhetik. Da ist es wohltuend, dass regelmäßig ein frischer Windstoß aus Lateinamerika hereinbricht, der entstaubt und durchlüftet.

Auch Marco Layera und sein Ensemble sind zwar bereits alte Bekannte, aber es gelingt ihnen bei jedem Gastspiel, ihr zentrales Thema, die Wut auf politische Missstände und die Gewalt in ihrer Heimat, auf überraschende und herausfordernde Art darzustellen.

Während ihr letzter Auftritt „Paisajes de la colorear“ noch viel Text bot und in ein feministisches Manifest mündete, setzt die Gruppe diesmal fast ausschließlich auf Bildertheater: drastische, sehr körperlich-explizite Szenen, die das Publikum schonungslos mit der Brutalität konfrontieren, mit der Polizei und Militär die Proteste von 2019 niederschlugen. Als Gast kommt hier David Ruland, Mitglied im Ensemble der Schaubühne ins Spiel, der sich in Unterhose und Springerstiefel dafür rechtfertigt, dass er doch nur die Ordnung und die Sicherheit aufrechterhalte.

„Oasis de la Impunidad“ mutet seinem Publikum einiges zu: die ersten verlassen das eng bestuhlte Studio der Schaubühne, als sich ein nackter Performer mit der Kneifzange selbst malträtiert. Zum Schluss wird eine ebenfalls nackte Spielerin wie ein Sack Mehl durch die Reihen geschleppt und neben einer Zuschauerin platziert, ein anderer wurde zuvor schon quer über die Bühne gezerrt und als Leiche unter dem Teppich verscharrt.

Der Abend ist aber nicht nur drastisches Holzhammer-Theater, sondern spielt mit Motiven aus Zombie- und Horrorkultur sowie Pop- und Filmgeschichte, die er mit der politischen Realität in Lateinamerika kurzschließt. Manches ist sicher nur für das chilenische Publikum komplett zu entschlüsseln. Nach den vier Berliner Gastspielen stehen noch zwei Vorstellungen an den Münchner Kammerspielen, die den Abend ebenfalls koproduziert haben.

Bild: Maglio Pérez

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