Das Ungewöhnliche an den Filmen des japanischen Meisterregisseurs Hirokazu Koreeda ist, dass er es schafft seine Gangster und Kriminellen als sympathische Figuren zu zeichnen, die einem ans Herz wachsen, und dass trotz manch alberner und langatmiger Passagen immer wieder Werke entstehen, die in ihrer Menschenfreundlichkeit anrührend sind.
Startpunkt für seine Roadmovie-Komödie „Broker“ ist eine Babyklappe in Busan: So-young (Lee Ji-eun) legt ihren Säugling dort ab, das Duo Sang-hyun (Song Kang-ho) und Dong-soo (Gang Dong-won) schnappt ihn sich. Hinter der Tarnung einer Reinigungs-Firma haben sie einen Kinderhändler-Ring aufgezogen: sie verkaufen Babys an Eltern, die keine Kinder bekommen können, geraten dabei aber auch immer wieder an Strohmänner, die die Babys noch teurer weiterverhökern. Dass es sich um ein reales, sehr ernstes Problem in der südkoreanischen Gesellschaft handelt, berichtete Filmpatin Anne Ratte-Polle in ihrer kurzen Einführung.
Reumütig kehrt So-joung zurück, gemeinsam mit dem Gangster-Duo macht sie sich auf eine Reise. Immer wieder brechen sie Kaufverhandlungen ab: das schlechte Gewissen regt sich bei dem Trio. Sie möchten sicherstellen, dass Woo-sung möglichst wohlbehütet aufwachsen kann. Das Trio wird zum Quartett, als sich nach einem Zwischenstopp in einem Waisenhaus ein Junge als blinder Passagier zusteigt und in die Gruppe aufgenommen wird.
Je länger der knapp zweistündige Film dauert, desto stärker entwickelt sich das Quartett zu einer Wahlfamilie, die sich in einer Sequenz am Rande zum Kitsch gegenseitig versichern, wie toll es ist, dass sie geboren sind. Dass Koreeda hier die Balance hält und der Film nie rührselig wird, ist seinem Gespür als Regisseur und den leichtfüßig eingestreuten komischen Momenten zu verdanken. Ein weiteres Kunststück von Koreeda ist, dass man ab und zu vergisst, dass es sich hier um drei Erwachsene handelt, die Straftaten begehen. Daran erinnern immer wieder die beiden Polizistinnen, die schon die Babyklappe observiert und sich vorgenommen haben, alle bei der Geldübergabe auf frischer Tat zu überführen und ihrer gerechten Strafe zuzuführen.
Nach „Shoplifters“ (Goldene Palme 2018) ist auch „Broker“ eine charmante Komödie über eine Gangster-Familienbande, die unterhaltsam und mit großer Humanität von gesellschaftlichen Misständen erzählt. Auch der neue Film wurde in Cannes ausgezeichnet: Song Kang-ho wurde für seine Rolle als Kinderhändler mit der Silbernen Palme als bester Hauptdarsteller ausgezeichnet, dem internationalen Kino-Publikum ist der südkoreanische Schauspieler vor allem aus „Parasite“ von Bong Joon-ho (Goldene Palme 2019, Oscar 2020) bekannt.
Den CineMasters-Award-Hauptpreis gewann Koreeda im Juli beim Filmfest München, in dieser Woche ist er bei „Around the World in 14 films“ in der Berliner Kulturbrauerei zu sehen. Der Kinostart ist für März 2023 geplant.
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