Eine Frau flieht vor einer Nachricht

In einer Flut aus kurzen Szenen, Videorauschen und wackliger Live-Kamera ertränkt Armin Petras seine Adaption des Nahost-Kriegs-Romans „Eine Frau flieht vor einer Nachricht“ von David Grossman.

In seinem 2008 im Original/2009 auf Deutsch erschienen Roman zeichnet Grossman das düstere Bild einer im ständigen Kriegs- und Bedrohungszustand aufgewachsenen Generation, der die drei zentralen Protagonist*innen Ora (Anja Schneider), Avram (Max Simonischek) und Ilan (Kaspar Locher als Gast, er war bis 2022 Ensemble-Mitglied am Schauspiel Hannover und sprang am DT bereits in einer „Der zerbrochne Krug“-Vorstellung ein). Hektisch und zerfahren wirkt das Geschehen voller Zeitsprünge vor allem während der ersten Hälfte.

Leider fand Petras keinen schlüssigen Weg, die mehr als 700 Seiten in einen knapp dreistündigen Theaterabend zu transformieren. Seine Inszenierung steht nicht für sich. Ohne Lektüre der Vorlage findet man sich kaum zurecht. Während Petras-Stammspielerin Julischka Eichel oder Natali Seelig zwischen zu vielen Sidekick-Figuren springen müssen, können sich Anja Schneider und Max Simonischek immerhin auf zentrale Figuren konzentrieren. Auch hier wirken viele Dialoge oder Szenen zu sehr aus dem Kontext gerissen, am ehesten lässt sich noch an Schneiders Figur der Ora andocken, die sich sorgt, dass ihr Sohn nicht mehr aus dem Kriegseinsatz heimkehren könnte. Deshalb flieht sie in die Berge, damit die befürchtete Todesnachricht sie in der Abgeschiedenheit nicht erreichen kann.

Kurz vor den Corona-Lockdowns inszenierte Dušan David Pařízek den Roman im Malersaal des Schauspielhaus Hamburg als minimalistisches Kammerspiel, also auf ganz andere Art als im Petras-Zeichen- und Bildergewitter. Richtig zu fassen bekamen ihre Vorlage beide Abende nicht.

Bilder: Arno Declair

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