Als fünf Dienstmädchen bauen sich Anna Maria Mühe, Johanna Asch, Mackie Heilmann, Nadine Schori und Birthe Wolter vorne an der Rampe auf und stimmen den ersten Song an. Die Popsongs sind ein wesentliches Element der Neufassung „Stolz und Vorurteil *oder so“ (im Original: „Pride and Prejudice *sort of“), die Isobel McArthur nach dem Romanklassiker von Jane Austen verfasst hat und 2018 in Glasgow uraufgeführt wurde.
Fast jeder dieser musikalischen Auftritte bekommt Szenenapplaus bei der Premiere im Theater am Potsdamer Platz, der jährlich im Februar als Berlinale-Palast genutzt wird und der Komödie am Kurfürstendamm als Interimsspielstätte dient. Den Charme dieser Songs macht es aus, dass sie nicht unbedingt perfekt sind: es handelt sich bei den fünf Frauen um Schauspielerinnen und nicht um ausgebildete Sängerinnen.
Anna Marie Mühe
Die Prominenteste unter ihnen, Anna Maria Mühe, Tochter des zu früh verstorbenen Schauspiel-Paares Ulrich Mühe/Jenny Gröllmann, kennt das Publikum aus vielen Kino- und TV-Rollen. Sie gibt ihr Bühnen-Debüt als Elizabeth Bennet, die nach allerlei Irrungen und Intrigen doch ihr Glück mit Mr. Darcy (Nadine Schori, bekannt aus mehreren Inszenierungen von Katharina Thalbach).
Der Plot folgt der Handlung des bereits mehrfach verfilmten Romans, allerdings fehlen der Vorlage einige Stärken, die einen Boulevard-Hit ausmachen. Der Abend schleppt sich dahin. Die Pointen sind oft flach, einige Sprüche uralt („Ist Dein Vater Glaser?“ zu einer im Weg stehenden Spielerin), Running Gags wie die angebliche Unattraktivität der jüngsten Bennet-Schwester (Johanna Asch, die vor kurzem ihr Ernst Busch-Studium abgeschlossen hat) werden zu Tode geritten. Für Abwechslung sorgen die Songs und häufigen Kostümwechsel: die fünf Frauen teilen sich alle Rollen, auch die der Männer. Jeder von ihnen ist ein großer Container zugewiesen, der mitten auf der Bühne steht und auf dem der Vornamen der Spielerin in Großbuchstaben steht. Daraus bedienen sie sich mit dem Kostüm für die nächste Szene.
Mackie Hellmann
So spielt Schori neben dem Liebhaber Darcy auch die Mutter Bennet, die als hysterische Alkoholikerin ständig ihre Töchter verkuppeln will. Ähnlich aufgekratzt sind auch die anderen Figuren: eine Schwäche der Vorlage, die auch Margarete Affenzeller im Wiener „Standard“ nach der deutschsprachigen Erstaufführung des Stücks mit fünf Max Reinhardt-Studentinnen im Kasino des Burgtheaters im Spätsommer 2020 kritisierte.
Bilder: Franziska Strauss