Unbestritten zählt Sam Mendes zu den prägenden Regisseuren der vergangenen zweieinhalb Jahrzehnten: berühmt geworden mit Arthouse-Dramen wie „American Beauty“, „Road to Perdition“ und die Roman-Verfilmung „Zeiten des Aufruhrs“, erfolgreich mit Blockbustern aus der Bond-Reihe (Skyfall, Spectre), experimentierfreudig bei seinem Kriegsdrama „1917“, das ohne einen Schnitt auskam.
Erstmals verfilmte er nun ein eigenes Drehbuch „Empire of Light“: in einem Mix aus Romanze und Sozialdrama taucht er in seine Jugend ein, das Großbritannien der Jahre 1980/81 zu Beginn der Ära von Margaret Thatcher. In einem Städtchen an der Südküste arbeitet Hilary (Olivia Colman) an der Süßigkeiten-Theke eines Art déco-Filmpalasts, der von seinem einstigen Glanz zehrt, aber nur noch zwei der vier Säle bespielt. Diese Frau ist eine typische Colman-Figur: eine Außenseiterin, wegen psychischer Probleme in Behandlung. In ihr Leben tritt plötzlich der ungefähr halb so alte Kollege Stephen (Micheal Ward). Als Schwarzer leidet er unter Rassismus, wird von Skinheads angepöbelt und schließlich brutal zusammengeschlagen.
Die etwas unglaubwürdige Romanze des Paares und die rassistischen Übergriffe sind die zentralen Themen eines Films, der mit süßlichem Klangteppich (Trent Reznor/Atticus Ross) zwei Ziele im Auge hat: auf die Tränendrüsen des Publikums zu drücken und bei den Oscars abzuräumen.
Ersteres versucht „Empire of Light“ mit sehr plakativer Erzählweise, die Figuren sind Abziehbilder, die kaum Konturen bekommen, am ehesten gelingt es Colman, sich aus dem Korsett eines holprigen Drehbuchs zu befreien. Die einsame Hilary könnte leicht im Klischee ertrinken, behält aber ihre Würde.
Das zweite Ziel verfehlte der Film: es reichte nur für eine Golden Globe-Nominierung für Colman als beste Hauptdarstellerin und eine Oscar-Nominierung für die Kamera von Roger Deakins, der schon für seine herausragende visuelle Umsetzung von „1917“ ausgezeichnet wurde. Bei beiden großen Preisverleihungen ging „Empire of Light“ komplett leer aus.
Dies lag sicher auch daran, dass die Themen so plakativ erzählt werden. Als dritten Strang beschwört Mendes die Magie des Kinos, lässt Colman allein im leeren Saal sitzen und ihren ersten Film erleben. Doch auch damit fügt sich das Drehbuch-Debüt von Mendes nicht zu einem schlüssigen Ganzen. Es bleibt zu hoffen, dass er mit seinen nächsten Filmen wieder an seine Regie-Könnerschaft anknüpfen kann.
Bild: © Searchlight Pictures