Zwiegespräch

Wie in Zeitlupe schiebt sich der Paravent auf die Bühne, faltet sich zusammen, dehnt sich aus: ein kleiner Schauwert in dieser Installation in Beige, die sich gefühlt drei Stunden hinzieht, aber doch nur 1 Stunde 45 Minuten dauert. Es spricht nicht gerade für die Qualität des Gesamt-Tableaus, dass Mirjam Stängl für dieses Gimmick den 3sat-Preis erhielt. Einige Monate später folgte noch die Auszeichnung als Bühnenbild des Jahres, die sich Stängls Paravent mit den Wasserbecken in Florentina Holzingers „Ophelia´s got talent“-Hit teilt. Für den österreichischen Nestroy war Stängl ebenfalls nominiert, konnte sich hier aber nicht gegen die erwähnte Zusammenarbeit von Nikola Knežević mit Florentina Holzinger durchsetzen.

Der Anfang des „Zwiegesprächs“ marthalert gewaltig: drei Granden des Burgtheaters (Hans Dieter Knebel, Branko Samarovski, Martin Schwab) sitzen wie ein Häuflein Elend in der Tristesse des Pflegeheims, abgeschoben ihrem Ende entgegendämmernd. Von den jungen Pflegerinnen, die ihre Enkelinnen sein könnte (Maresi Riegner, Elisa Plüss, sowie mehrere Statistinnen), werden sie recht lieblos behandelt. Ein wortloser Loop von Alltags-Ritualen zieht seine Bahn. Rieke Süßkow hat auch in ihrer Hamburger Regie-Abschlussarbeit „Medea“ ein wortloses Exerzitium als formstrenge Installation entwickelt.

Doch in dieser Inszenierung des Wiener Akademietheaters kommt nun Literaturnobelpreisträger Peter Handke zu Wort: die Assoziationsfetzen seines literarischen Selbstgesprächs verteilte Süßkow recht beliebig auf das Ensemble. Um das Schreiben, das Theater, die Großväter und ihr Verhältnis zu den Jüngeren kreist der Text und plätschert vor sich hin. Betont undramatisch ist die Vorlage (keine Handlung, keine Figuren), bis zur letzten Einstellung vor der Schwarzblende bleibt das „Zwiegespräch“ leblos und hinterlässt als eine der uninteressanteren Inszenierungen der aktuellen 10er-Auswahl keinen bleibenden Eindruck. Die Theater heute-Jury zeichnete Süßkow dennoch als Nachwuchsregisseurin des Jahres aus.

Bild: Susanne Hassler-Smith

2 thoughts on “Zwiegespräch

  1. Dietrich Rauch Reply

    Die Inszenierung war grottenschlecht!
    Schnickschnack, der nicht mal für sich genommen irgendeine Spannung oder Komik erzeugt hat. Dümmlich und langweilig, alles schon hundertmal gesehen, aber besser!
    Der Handketext wird nicht ernstgenommen, ist nicht verstanden und wird zerstört, dass er eben nicht mehr verstört!
    Warum verlässt sich die Regisseurin nicht auf die alten Schauspieler und führt wirklich hier Dialogregie, statt sich auf den Firlefanz zu fokussieren?!
    Ein weiteres Desaster auf dem Theatertreffen.

  2. L. Holodomor Reply

    Wenn die Sonne der Kultur, des Respekts vor dem Text, selbst der nicht mal vorhandenen Grundkenntnisse tief steht. werfen selbst Theaterzwerge wie ein dahindämmender Intendant und ein nichts verstehender Regiefrischling, beide zutiefst sich selbst überschätzend, lange, dunkel-qualvolle Schatten.

    Tauben sollten nicht versuchen, Falken sein zu wollen.

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